Das Verhältnis von Deutschen und Juden in der Entstehungszeit der Bundesrepublik Deutschland ist ein bislang vernachlässigtes Problem der deutschen Zeitgeschichtsschreibung. 1945 hatte eine kleine Zahl
Juden im "Altreich" das Programm zur Vernichtung des europäischen Judentums überlebt. Zehntausende Juden aus Osteuropa mußten Deutschland in den folgenden Jahren als Transitland nach Palästina und nach Amerika nutzen, einige Tausend blieben in den Besatzungszonen,
vor allem der amerikanischen. In vielen Bereichen der deutschen Gesellschaft gab es im ersten Jahrzehnt nach dem Untergang des Dritten Reiches Berührungen zwischen Deutschen und Überlebenden der Shoah. Die dabei gemachten Erfahrungen in den deutsch-jüdischen
Beziehungen, Kontinuitäten und Diskontinuitäten im deutschen Antisemitismus sind Gegenstand dieses Buches. Dabei konzentriert sich die an der Tel Aviver Universität entstandene Studie auf das Phänomen des
deutschen Philosemitismus, in dem die Juden nach 1945 "zum Feind wurden, den man zu lieben hatte". Die Untersuchung zielt damit auf zweierlei. Zum einen wird ein Beitrag zu in der Literatur weitgehend ausgeklammerten Kapiteln der deutschen Nachkriegsgeschichte undder Besatzungszeit geliefert; zum anderen wird die gegenwärtige Antisemitismusforschung um eine Kritik des facettenreichen Philosemitismus erweitert. Bisher nicht untersuchte Dokumente aus deutschen und amerikanischen Archiven, die deutsche Publizistik bis Anfang der 50er Jahre, Memoiren, Quellen der Oral History werden herangezogen. Die entstehende politische Kultur der Bundesrepublik wird auf ihre - bis heute an Aktualität nichts einbüßende - "jüdische Frage"
untersucht. Die Studie belegt; daß die Grundlage für heutige Probleme im deutsch-jüdischen Verhältnis in der unmittelbaren Nachkriegszeit gelegt wurde. Antisemitismus und Philosemitismus stellen auch im neuen deutschen Nationalstaat weiterhin eine geistig-kulturelle Herausforderung dar.
Medium erhältlich in:
3 MSH Medical School Hamburg,
Hamburg
Serie / Reihe: Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte, Universität Tel-Aviv 14
Personen: Stern, Frank
Stern, Frank:
Im Anfang war Auschwitz : Antisemitismus und Philosemitismus im deutschen Nachkrieg / Frank Stern. - 1. Aufl. - Gerlingen : Bleicher, 1991. - 388 S. ; 22 cm. - (Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte, Universität Tel-Aviv; 14). - Literaturverz. S. 359 - 380
ISBN 978-3-88350-459-9 : 35,00 EUR
Spezielle Soziologien - Signatur: MS 3400 S839-01 - Buch