Ein Krimi, der das Herz eines jeden bayerischen Lesers zum Schnellerschlagen bringen wird. Michaela Seul erzählt darin mit viel Humor und Lokalkolorit die erste Geschichte von "Franza und Flipper ermitteln". Wem es gefällt, dem sei der Roman auch schon in jüngeren Jahren ans Herz gelegt, allein die Hauptperson Franziska, Anfang dreißig, überzeugte Junggesellin, wenn auch manchmal ein bisschen einsam, spricht mit ihrer Welt eher Leserinnen und Leser an, die eine gewisse Lebenserfahrung mit einem solchen Singledasein gemacht haben. Und es ist gar so schön, die nachzuvollziehen und bei jedem Satz wissend zu nicken. In erster Linie aber ist Franziska - von denen, die sie mögen, Franza genannt - nicht Single, sondern Hundebesitzerin, und zwar die Chefin (nicht etwa "Frauchen") eines zauberhaften großen schwarzen Hundes, der auf den Namen Flipper hört. Flipper ist etwas ganz Besonderes, hört aufs Wort, versteht fast alles, was Franza sagt, und schließt alle Menschen in sein großes Hundeherz. Aber wie das so mit Hundebesitzern ist, die zum täglichen Gassi Gehen verpflichtet sind, es kommt der Tag, an dem Flipper an einem Hochsitz in der Nähe des Starnberger See bei Wampertskirchen eine Leiche findet, in der sich schon Fliegen und Maden breitgemacht haben. Ein grausiger Fund, und Franza mittendrin. Das hat nur einen Lichtblick, nämlich den ermittelnden Kommissar Felix Tixel, leider verheiratet oder jedenfalls mit Kleinkind, aber durchaus interessiert an Franza mit ihrer verqueren Denkweise. Die macht sich nämlich über das Geschehen ihre Gedanken, und schließlich steht ihr ja der grandiose Flipper zur Seite. Kein Wunder, dass Felix Tixel nicht gerade begeistert ist über das sechsbeinige Ermittlungsteam, das sich durch Zufallserfolge unaufhaltsam den Weg zum Mörder bahnt. Und das stört Felix Tixel ganz besonders, scheint er doch irgendwie ein Auge auf die Franza geworfen zu haben? Alle Vögel fliegen hoch ist offensichtlich der erste Band einer neuen Franza-und-Flipper-Serie bei Heyne, und der Leser darf sich auf die Folgebände freuen. Michaela Seul versteht es ausgezeichnet mit Spannungsbögen zu arbeiten, setzt das Geschehen aus kleinen Einheiten zusammen, die sich immer stärker puzzleartig zu einem Gesamtbild fügen und so erst den Fall, dann seine Aufklärung strukturieren. In diese Rahmenhandlung integriert sie eine Reihe von kleinen Alltäglichkeiten, die dem Leser aus dem eigenen Leben vertraut und zugleich ein Abbild unserer Gesellschaft sind. Es sind vor allem die Personen, die so überzeugen. Michaela Seul entwirft keine tollen Heldentypen, ihre Personen leben von der Lebendigkeit, einer ihnen ganz eigenen, manchmal beharrlichen Denkweise, die man als Leser sehr schön nachvollziehen kann. So gelingt es auch ganz zum Schluss, den Täter zu verstehen und das, was ihn trieb, ebenso wie sich langsam das Bild des Opfers entwickelt. Diesen ersten Mordfall von Franza und Flipper verbindet Michaela Seul mit einem weiteren Thema, das im Laufe des Buches immer stärker zum Tragen kommt, gegen Ende schließlich immer mehr Raum einnimmt, aber so perfekt in die Handlung integriert ist, dass man es keineswegs als aufdringlich empfindet: Tierschutz. Was hier wie im Vorübergehen alles über Vögel und ihre Lebensweise vermittelt wird, muss den Leser immer wieder verblüffen, und am Ende muss man sich an die eigenen Nase fassen und zugeben, dass man mit Sicherheit den einen oder anderen Fehler selbst schon begangen hat, entweder unwissend oder im falschen Bewusstsein. Für Leser, die des Bayrischen nicht mächtig sind, wird der Roman an so mancher Stelle eine echte Herausforderung sein, denn Michaela Seul scheut sich nicht, endlose Gespräche mit den kauzigen Bewohnern Wampertskirchens im tiefsten Dialekt wiederzugeben. Kompliment übrigens zu der fantastischen Übertragung ins Schriftdeutsch, wer den Klang (wie die süddeutsche Rezensentin) im Ohr hat, wird gleich ein bisschen Heimweh bekommen nach Sprache und Denkweise. Ja, vor allem Denkweise, denn hier hat ein "Insider" geschrieben und nicht "hochdeutsches Gedankengut" in Dialekt übersetzt, sondern so richtig bayerisch gedacht und das in Worte gefasst. Kauzig, schrullig, bärbeißig, grantig, knorrig. Wie sie halt so sind, die Bayern auf dem Land... Mehr davon! *Alliteratus* Astrid van Nahl
Personen: Seul, Michaela
Seul, Michaela:
Alle Vögel fliegen hoch / Michaela Seul. - München : Heyne, 2011. - 429 S.
ISBN 978-3-453-43608-4 kart. : ca. Eur 9,30
Schöne Literatur - Signatur: Seul - Buch