Ein Intellektueller hat alle Mühe, die erhoffte Abgeschiedenheit gegen Zudringlichkeiten unerwünschter Zeitgenossen abzuwehren, bis er sich zu seiner eigenen Überraschung mit dem »gemeinen« Volk recht wohl fühlt. (DR) Roth, Jurist und Schriftsteller, begibt sich für geplante drei Monate nach Niendorf an der Ostsee. Er sucht die Einsamkeit, um ungestört einen Roman über seine Familie zu verfassen. Doch das erweist sich als schwieriger als gedacht. Schon bald heftet sich der Strandkorbverleiher Breda an seine Fersen. Erfolglos versucht Roth dem distanzlosen Alkoholiker aus dem Weg zu gehen. Und einige andere Kontaktsuchende können auch nicht so leicht abgewehrt werden. Sowohl eine Zufallsbekanntschaft als auch seine missratene Tochter haben herausbekommen, wo er sich aufhält. Während er sich den unverschämten Geldforderungen der Tochter entziehen kann, landet er mit der anderen Dame wider Willen im Bett. Ausgerechnet eine attraktive Kellnerin, mit der er gerne ins Gespräch käme, zeigt ihm die kalte Schulter. Unter diesen Umständen will das Romanprojekt nicht so recht gedeihen. Mittlerweile ist Roth in eine ihm selbst nicht ganz geheure Abhängigkeit von Breda, dem vulgären Strandkorbverleiher, geraten. Die beiden sprechen kräftig dem Alkohol zu und es kommt zu weiteren Unglücksfällen. Roth verletzt sich bei einem Sturz und Breda erleidet einen Schlaganfall. Als Engel in der Not erweist sich Bredas Freundin... Dem Autor ist ein herrlich tragikomischer Roman gelungen, der seine Leserschaft mit etlichen Pointen und Anspielungen amüsiert. Dass der Protagonist ausgerechnet in Niendorf, wo seinerzeit die legendäre Gruppe 47 mit Ingeborg Bachmann und Paul Celan tagte, an seinem Romanprojekt scheitert, ist gewiss kein Zufall. Mehrfach wurde bereits eine Parallele zu Thomas Manns »Tod in Venedig« gezogen, allerdings geht es in Niendorf doch wesentlich heiterer zu. Roth, mit all seinen Vorurteilen und Abwehrreflexen gegen das »gemeine Volk« und Frauen, die nicht den gängigen Schönheitsnormen entsprechen, wird von Strunk zwar gnadenlos vorgeführt, doch wird ihm auch die Wandlung vom Saulus zum Paulus zugestanden. Der »Sommer in Niendorf« garantiert beste, boshafte, aber letzten Endes auch menschenfreundliche Unterhaltung.

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Personen: Strunk, Heinz