Annotation: Sprachlich und dramaturgisch außergewöhnliche, märchenhafte Geschichte, die am Beispiel liebenswert charakterisierter Helden Gut und Böse gegeneinander antreten lässt und am Ende für alle akzeptable Kompromisse anbietet. Rezension: Ein zu klein geratener Mäuserich mit zu groß geratenen Ohren stellt sich den Intrigen einer vom Leben enttäuschten Ratte; doch die Liebe zur schönen Prinzessin Erbse lässt den Mäuserich - ganz in der Tradition der Ritterromane - beinahe alle Hindernisse überwinden. Auf das, was davor, dazwischen und danach passiert, wird man gut vorbereitet. Besonders, wenn man genau hinhört: Denn die anmutig melodiöse Stimme des Erzählers spricht die LeserInnen immer wieder direkt an, erklärt nicht nur, sondern weist auch auf bemerkenswerte Details hin. Dieser feinsinnige Kunstgriff macht das Geschehen unmittelbarer, regt darüber hinaus dazu an, gewissen Wörtern in ihrer Bedeutung nachzuspüren. Damit werden so ganz nebenbei auch Sprache und Erzähltraditionen mit erklärt. Der Ton des wissenden Erzählers bleibt dabei stets neutral, trotz einer gewissen seufzenden Dramatik (die allerdings sowohl in glücklichen wie auch traurig-schaurigen Szenen mitschwingt) ergreift er nicht Partei, versucht vielmehr aktuelle Handlungsimpulse aus den jeweiligen biografischen Koordinaten abzuleiten. Auch Namensgebung und Gegenspieler-Konstellationen nehmen darauf Bezug: Mäuserich Despereaux, dessen Name sowohl auf seine französische Mutter als auch auf sein Schicksal verweist; Ratte Chiaroscuro, die es - gegen ihre Bestimmung - leidenschaftlich zum Licht zieht; die schöne, verwöhnte Prinzessin Erbse (nicht so kapriziös wie ihre märchenhafte Namenskusine) und Dienstmädchen Miggery Sow - geschlagen, verraten und verkauft. Sie alle leiden an ihrer Geschichte, suchen ihren Platz in der Welt und haben - trotz aller Gegensätze - doch gemeinsame Berührungspunkte. Leben bedeutet Leiden!, so die Philosophie der Ratten, der Roscuro kühn die These Leben bedeutet Lichtentgegensetzt. Dass er als von allen verachtetes Geschöpf im Licht keinen Platz hat, muss seinen Hass hervorrufen. Gut und Böse - beides unleugbar existent auf dieser Welt - treten wieder einmal zum Kampf an. Doch hier gibt"s keinen eindeutigen Sieger, vielmehr werden in sensiblen psychologischen Analysen Hintergründe transparent gemacht. Am Ende findet man schließlich Kompromisse. "Geschichten sind Licht" - meinte wiederum deralte Gefängniswärter. Was auf diese wunderbar vielschichtige Variante eindeutig zutrifft.
Altersempfehlung: ab 10 Jahren.
Personen: DiCamillo, Kate
DiCamillo, Kate:
Despereaux : von einem, der auszog das Fürchten zu verlernen. - 1. Aufl. - Hbg : Dressler, 2004. - 249 S. : Ill. : ill. von Timothy Basil Ering. - Aus dem amerikan. Engl. von Sabine Ludwig
ISBN 978-3-7915-2799-4 fest geb. : Eur 12,00
Klassiker - Signatur: Klassiker DiCa - Buch