Die Flucht einer Familie aus dem ehemaligen Ostpreußen während des Zweiten Weltkriegs. Ende des Zweiten Weltkriegs hat die russische Armee Ostpreußen erreicht und viele Familien sind auf der Flucht nach Deutschland. Eine davon ist die Familie Wolf. Der Vater ist gefallen, die Großeltern müssen bald zurückgelassen werden. Bei einem Angriff werden die drei Kinder von der Mutter getrennt und müssen sich alleine durchschlagen. Die erst elfährige Liesl muss jetzt für den sechsjährigen Otto und die noch nicht einmal zwei Jahre alte Mia sorgen. Sie lernen betteln, stehlen, lügen und Tiere zu töten, was vor allem Liesl kaum mit ihren moralischen Grundsätzen vereinbaren kann. Sie müssen zu wilden Wölfen werden, um überleben zu können. Kinder, die auf sich allein gestellt in den Wäldern Ostpreußens zu überleben versuchten, wurden »Wolfskinder« genannt. Nannestad erzählt recht realistisch von den verschiedenen Begegnungen der Kinder aus der Sicht von Liesl. Sie treffen auf andere Wolfskinder, auf russische Soldaten, von denen einige Mitleid mit den Kindern haben und ihnen weiterhelfen. Allmählich gerät das vom Nationalsozialismus geprägte Weltbild der Kinder ins Wanken. Sie gelangen nach Litauen und werden dort von einem Ehepaar versteckt. Darauf steht für die Litauer die Todesstrafe und deshalb bekommen die Kinder einen litauischen Namen und müssen auch die Sprache lernen. Besonders Liesl kann das kaum ertragen, denn ihr Großvater hat ihr immer wieder erklärt, wie wichtig die eigene Familie und die Abstammung sind, weshalb sie auch den Stammbaum ihrer Familie auswendig lernen musste. Besonders Mia hat sich verändert. Aus dem kleinen Sonnenschein wurde ein ernstes Kind, das nur mehr litauisch spricht und litauische Lieder singt, was Liesl schwer zu schaffen macht. Die Rückverwandlung Mias geschieht allerdings schlagartig, als klar wird, dass sie wieder eine (deutsche) Familie sein werden. Diese Betonung der Wichtigkeit der deutschen Identität hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Übrigens ist die Autorin keine Deutsche, sondern Australierin. Insgesamt ein emotional berührendes Buch zum Thema Krieg und Flucht, das gerade wieder einmal auf schreckliche Weise aktuell ist.
Altersempfehlung: ab 11 Jahren.
Personen: Nannestad, Katrina Heiduczek, Martina Obrecht, Bettina
Nannestad, Katrina:
Wir sind Wölfe / Katrina Nannestad ; mit Illustrationen von Martina Heiduczek ; übersetzt von Bettina Obrecht. - München : cbj, 2022. - 336 Seiten
ISBN 978-3-570-17967-3 Festeinband : EUR 14,40
NS-Zeit - Signatur: NS-Zeit NANN - Buch