Rezension
Adam - der begnadete Damenschneider aus dem Sächsischen - "machte die Weiber schön" und danach "hat er sie gebumst". Freundin Evelyn kriegt das spitz und wirft sich in die Arme ihres West-Cousins. Alle miteinander fliehen zwecks Klärung zunächst an den Balaton. Dort geraten sie in die Wendewirren von 1989 und weiter geht die Fahrt, bis München. Schulze erzählt überraschend leicht und heiter vom erotischen Reigen, von Partnertausch, von oft wie Belanglosem. Doch plötzlich mausert sich die knappe, tragikomische Story zum Wenderoman par excellence (wie schon "Neue Leben", BA 1/06), die große Welt spiegelt sich im kleinen Glück und Unglück. Fast kammerspielartig agieren 2 Handvoll immerzu palavernder Menschen, ihre Dialoge bestimmen die Romanstruktur, nehmen Dispute über biblische Bezüge, Lebenssinn und Freiheit und - vor dem Hintergrund der plötzlichen Maueröffnung - der Dialektik von Befreiung und Verlust auf. Große Prosa, die - höchst unterhaltsam und politisch zugleich - sicher willkommen bei vielen Leserschichten sein wird.
Personen: Schulze, Ingo
SCHULZ
Schulze, Ingo:
Adam und Evelyn : Roman / Ingo Schulze. - Berlin : Berlin-Verl., 2008. - 313 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-8270-0810-7 fest geb. : EUR 18.00
SCHULZ - sch. Lit.Erw