Rezension
5 Erzählungen, 5 Todesfälle, 5 Männer, die im Leben von Alice auf unterschiedliche Weise eine Rollen spielten und an deren Sterben sie auf ebenso unterschiedliche Weise teilhat. Doch Sterben und Tod sind bei Judith Hermann keine Grenzerfahrungen, die den Betroffenen aus seiner Alltagslethargie herausreißen, sondern im Gegenteil: Hier siegt von Anfang an die Banalität des Lebensalltags über die existenzielle Grenzerfahrung des Todes. Das hat natürlich mit dem unterkühlten und lakonischen Erzählton zu tun, mit dem die Autorin schon in ihrem Erzähldebüt "Sommerhaus, später" (BA 4/99) beeindruckte und der auch ihren Liebesgeschichten "Nichts als Gespenster" (BA 4/03) den melancholischen Grundtenor gab. Doch angesichts des Themas ihres 3. Buches erscheint die melancholische Distanz der Darstellung fast gefühlsarm. Immerhin öffnet sich die letzte Erzählung ein Stück weit der Verlusterfahrung des Todes (eines geliebten Freundes) - und gewinnt sofort auch an literarischer Qualität. Mit breitem Interesse ist zu rechnen.
Personen: Hermann, Judith
HERM
Hermann, Judith:
Alice / Judith Hermann. - Frankfurt am Main : Fischer, 2009. - 188 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-10-033182-3 fest geb. : EUR 18.95
HERM - sch. Lit.Erw