Rezension
Ralf Rothmann hat sich als poetischer Chronist des Lebensmilieus im Ruhrgebiet einen Namen gemacht und gilt heute als einer der wichtigsten Gegenwartsautoren und als virtuoser, vielseitiger Erzähler ("Shakespeares Hühner", ID-A 24/12). Sein neuer Roman, von der Kritik durchgängig hoch gelobt, ist das einfühlsame Porträt seines Vaters als junger Mann, der mit 17 zur Waffen-SS gepresst wurde und in wenigen Wochen, im Frühjahr 1945, alle Schrecknisse des Krieges erfuhr. Er überlebt den Krieg und bleibt doch lebenslang gezeichnet von seinen Erfahrungen, allem voran von der Zwangsteilnahme an der Erschießung seines besten Freundes Fiete. Und doch ist dies kein biografischer Roman, denn Rothmann rekonstruiert das 17. und 18. Lebensjahr seiner Vaters aus ganz wenigen ihm bekannten Fakten als erzählerische Fiktion. Der sprachlich dichte und eindrucksvoll erzählte Roman porträtiert vor dem Hintergrund der seelischen Verrohung in dieser letzten Kriegsphase den Vater aber auch als Repräsentanten einer ganzen Generation schuldlos Schuldig-Gewordener. Breiteste Empfehlung!
Personen: Rothmann, Ralf
Standort: SL
ROTH
Rothmann, Ralf:
Im Frühling sterben : Roman / Ralf Rothmann. - Berlin : Suhrkamp, 2015. - 233 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-518-42475-9 fest geb. : EUR 19.95
ROTH - sch. Lit.Erw