Rezension
1786 wird ein Knabe aus einem Schweizer Fluss geborgen, der sich allein durch Zahlen und komplizierte Berechnungen verständigen kann. Sein Einfluss ist verheerend. Ein Abt verblödet und eine Pflegefamilie verfällt einem mysteriösen Zeitwahn und der Trunksucht. Erst in der Gilde der Uhrmacher entpuppt sich der schnell alternde und hässliche Unbekannte als mathematisches und mechanisches Genie. Verwoben in eine breit angelegte Liebesgeschichte und einen Vater-Sohn-Konflikt lässt Betschart die Wirren der französischen Revolution Revue passieren. Meisterhaft wird ein ironisch-makaberes Sittenbild ausgebreitet, das an gegenwärtigen Bezügen keine Wünsche offen lässt. Das diabolische Wesen des Fremden sorgt für Spannung und Lust auf eine satte Pointe. Es grüßen ansatzweise U. Ecos "Foucaultsches Pendel" oder Robert Schneiders "Schlafes Bruder". Ein gelungener Roman, der zum belletristischen Jahresevent gedeihen könnte.
Personen: Betschart, Hansjörg
BETS
Betschart, Hansjörg:
Unruh : Roman / Hansjörg Betschart. - Zürich : Nagel & Kimche, 2002. - 349 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-312-00303-7 fest geb. : EUR 19.90
BETS - sch. Lit.Erw