Von stummer Résistance und leiser Hoffnung. (TD.D) Frankreich, 1940: Nach Sitzkrieg und Waffenstillstand wird der junge deutsche Offizier Werner von Ebrennac in einem Landhaus in Frankreich einquartiert. Als Pazifist und Frankreichliebhaber schwärmt der "gute Deutsche", gelernte Komponist und Nachfahre von Hugenotten bei der allabendlichen Begegnung mit den Quartiergebern, einem Onkel und seiner Nichte, von einer gemeinsamen Zukunft, ja "Ehe" der beiden Länder - und stößt dabei stets auf eine Mauer des Schweigens. Zeitgenössische Kritiken haben in der 1941 verfassten Erzählung "Le silence de la mer" von Vercors (Pseudonym für Jean Bruller) vor allem einen Aufruf zum moralischen Widerstand Frankreichs gegen eine anfangs noch verführerisch "korrekt" agierende Besatzungsmacht gesehen, wie er von der Nichte exemplarisch vorgeführt wird. Aus den Worten des Onkels, der als Erzähler fungiert, lässt sich aus heutiger Sicht jedoch durchaus etwas anderes erahnen, nämlich ein Schimmer von Hoffnung auf Versöhnung. Es ist kein kleines Verdienst Hans Kortes, durch seine Interpretation der Erzählerrolle gerade diese zweite, Vercors selbst vielleicht gar nicht bewusst gewordene Lesartmöglichkeit in den Vordergrund gerückt und das Werk so überhaupt erst über die Zeit gestellt zu haben. Bedächtig und maßvoll im Ton, zieht der große deutsche Schauspieler und gefragte Hörbuchinterpret Hörer und Hörerin bis zum finalen Adieu in seinen Bann. Überaus gediegen auch Gert Heidenreichs Lesung eines Essays von Ludwig Harig, der Vercors Erzählung hintangestellt ist und sie zum Anlass für Betrachtungen über Musik, Literatur, Ideologie und Menschlichkeit nimmt. Hier bleibt leider nur ein Fazit: kryptisch der Titel ("Stimmen aus dem Leib des Fisches"), rätselhaft der Sinn. Dafür versöhnt das Beiheftchen mit viel Lesenswertem über Jean Brullers Rolle innerhalb der Résistance und ihrer Literatur. *bn* Hugo Kubarth

Altersempfehlung: ab 18 Jahren.

---

---

Personen: Bruller, Jean Korte, Hans

Schlagwörter: Frankreich

Interessenkreis: Frankreich