In Pjöngjang entwickelt sich zwischen einer Deutschen und einer jungen Koreanerin eine verhaltene Anziehungskraft. (DR) Die fünfzigjährige Claudia begleitet eine Delegation junger Kulturschaffender nach Pjöngjang zur Eröffnung einer dortigen deutschen Bibliothek. Als Fremdenführerin und Dolmetscherin fungiert die 33-jährige Sunmi, die eine Doktorarbeit über die deutsche Romantik geschrieben hat. In der Frau aus dem Westen findet sie den ersten Menschen, der sich wirklich dafür interessiert. Claudia ist bezaubert von »Sunmis Wortgewuselwunder, (...) (d)ieses fremde Nest von einer Dichtung«. Zwischen der Deutschen und der jungen Koreanerin entwickelt sich eine Sympathie, die von beiden Frauen vorsichtig zum Ausdruck gebracht wird. Claudia ist bewusst, dass ihr Sunmi vom Regime mit einem bestimmten Auftrag zur Verfügung gestellt wurde und Sunmi weiß, was von ihr erwartet wird. So mischt sich in die wachsende Zuneigung auf beiden Seiten Unsicherheit und Ambivalenz. Dem Autor ist eine Liebesgeschichte gelungen, die man gerne bezaubernd nennen würde, ein Adjektiv, das mit Leichtigkeit und Gefühligkeit assoziiert wird, hier aber fehl am Platz ist - obwohl es in Pjöngjang um die Romantik (allerdings als Epoche der deutschen Literatur) geht und die Komposition dieser perfekten Novelle eine federleichte Schwerelosigkeit hat. Andreas Stichmann schafft es, die »Liebessehnsucht« (auch so ein romantischer Ausdruck) zweier Frauen, die beide nicht zu emphatischen Ausbrüchen neigen, hinreißend zu schildern. Ihre Leidenschaft entzündet sich nicht zuletzt an der Schönheit literarischer Sprache, deren erotisches Potenzial nicht zu unterschätzen ist, einfach perfekt.
Personen: Stichmann, Andreas
Stichmann, Andreas:
¬Eine¬ Liebe in Pjöngjang : Roman / Andreas Stichmann. - Reinbek : Rowohlt, 2022. - 155 Seiten
ISBN 978-3-498-00293-0 Festeinband : EUR 20,60 (AT)
Roman - Signatur: Stichm - Buch