Rolf Schneiders Tagebuch zum letzten Jahr der DDR beginnt mit einer makabren Geschichte aus dem Sommer 1989: Kinder finden auf einer Ostberliner U-Bahn-Baustelle beim Spielen Totenschädel. Von Zigeunern, wie sich herausstellt, die Nazis haben sie ermordet und hier verscharrt. Doch die Behörden bringt das in Verlegenheit: Zigeuner gehören nach offizieller Lehre nicht zur antifaschistischen Einheitsfront. Also schaufelt man das Massengrab wieder zu und baut weiter U-Bahn. Solche Geschichten aus dem Alltag der DDR, die Schneider erlebt, gehört oder gelesen hat, liefern ihm den Stoff seines Tagebuches. Sie veranschaulichen, was aus einer Gesellschaft wird, die nach der Doktrin lebt und Kritik verbietet. Schneider hält seine Kommentare kurz: ein, zwei Sätze, aphoristisch zugespitzt. Und manchmal sind nicht einmal die nötig, die grotesken und bitteren Pointen sprechen für sich.
Personen: Schneider, Rolf
Schneider, Rolf:
Frühling im Herbst : Notizen vom Untergang der DDR / Rolf Schneider. - Göttingen : Steidl, 1991. - 180 S.
ISBN 978-3-88243-162-9 kart.
D 401 - Signatur: D 401 Schne - Sachbuch