Uneinsichtige Lebensbeichte eines fiebernden Todkranken. (DR) Getrieben vom Wunsch, vor dem Sterben noch einiges zu sagen, setzt der Priester und Literaturkritiker Lacroix zu einer Art Verteidigungsrede an. Sein Gegenüber ist sein Gewissen, der "vergreiste Grünschnabel". Aber keineswegs larmoyant oder schuldbewusst fällt seine Rechtfertigung aus, stolz und eloquent lässt er sein Leben als wirklichkeitsfremder Intellektueller Revue passieren. Nicht politische, religiöse oder ideologische Zuordnungen bestimmen ihn in seiner Haltung zur Literatur, nein, rein die Qualität der Texte. Und so pflegt er Umgang mit linken Autoren wie Neruda, schätzt aber auch Ernst Jünger. Diese versuchsweise neutrale-äquidistante, rein ästhetische Haltung ist aber offensichtlich Grund für seinen Gewissenkonflikt, den er immer wieder wortreich zuzudecken versucht. Der Konflikt spitzt sich zu, als Lacroix vor den chilenischen Junta-Generälen Marxismus-Privatissima halten muss. Aber auch da versteht er es, seine intellektuelle Distanz zu wahren. Ganz brutal konfrontiert wird er mit der Realität, als er erkennt, dass er das Haus einer Schriftstellerin frequentiert hat, in dem sich ein Folterkeller für Regimegegner befand. Am Schluss bleibt ein verzweifelt Fragender zurück. - Von beeindruckender Sprachkraft. Interessante Auseinandersetzung mit dem Thema Moral und Ästhetik. Für literarisch versierte LeserInnen. *bn* Fritz Popp
Personen: Bolaño, Roberto Berenberg, Heinrich von (Übers.)
Bolaño, Roberto:
Chilenisches Nachtstück : Roman / Roberto Bolaño. - München : Hanser, 2007. - 156 S. - Aus dem Span. übers.
ISBN 978-3-446-20822-3 fest geb. : ca. Eur 18,40
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G Bol - Buch: Dichtung