Die wohlgeordnete Welt eines Mannes gerät aus den Fugen, als sich seine Frau beruflich verändert. Unterhaltsam, aber auch überbordend. (DR) Ein idyllisches Schweizer Städtchen mit engen Gassen, vermutlich Olten, wo der renommierte Autor Capus seit Jahren selbst wohnt. Hier lebt Ich-Erzähler Max seit Kindertagen und führt ein äußerst beschauliches Leben als Schriftsteller, Barbesitzer und zufriedener Familienvater. Doch nun geht seine geliebte Frau Tina für ein Jahr als Gastprofessorin nach Paris und Max bleibt mit seinen drei schon bald erwachsenen Söhnen zurück. "Ich bin ein umgekehrter Odysseus. Ich bleibe zu Hause, während meine Penelope in die Welt hinauszieht", beklagt er sein Strohwitwerdasein. Nur gut, dass Tina jedes Wochenende nach Hause kommt. Wer nun Reflexionen über eine 25-jährige Ehe oder einen Roman über die Schwierigkeiten eines alleinerziehenden Vaters erwartet, wird enttäuscht. In den episodenhaften, eher kurzen Kapiteln stehen meist verschiedene Gäste der Sevilla Bar und Freunde von Max sowie seine eigenen Lebensansichten im Mittelpunkt. Außerdem zieht sich der skurrile Streit rund um einen ausgestopften Stierkopf wie ein roter Faden durch den ganzen Roman, er dürfte symbolisch für Max' Schwierigkeit stehen, Dinge loszulassen und Neues in Angriff zu nehmen. Max, der unschwer als "Alter ego" von Alex Capus höchstpersönlich auszumachen ist, präsentiert sich mit einer gehörigen Portion Selbstironie als Schweizer Kleinbürger, in dessen Leben immer alles beim Alten bleibt. So jammert er bei einem Telefonat mit seiner Frau: "Wenn ich dereinst auf dem Sterbebett liege und der Film meines Lebens im Zeitraffer abläuft, wird es ein Standbild sein." Kein Wunder, dass er von den abenteuerlichen Erzählungen eines alten Amerikaners, der wie der legendäre "Camelman" eines Tages in seiner Bar auftaucht, hingerissen ist und von einem Aufbruch in die Everglades träumt. Doch wird er jemals den Mut aufbringen, sein gewohntes Leben zu ändern? Der leichtfüßige, mit unterschiedlichsten Charakteren und Anekdoten versehene Roman liest sich kurzweilig, bisweilen ist er auch sehr amüsant und enthält die eine oder andere kluge Lebensweisheit, dennoch kommt diese Geschichte bei weitem nicht an andere großartige Werke des Erfolgsautors heran. Capus selbst bringt das Problem des Textes auf Seite 163 auf den Punkt: "Ich kann die Schlichtheit des Belanglosen nicht mehr von der Einfachheit des Schönen unterscheiden." Die larmoyante Nabelschau des Ich-Erzählers und das dahinplätschernde, oberflächliche Geplauder haben mich als weibliche Leserin mit der Zeit genervt, dafür erntet die Ehefrau mein volles Verständnis für ihre Auszeit. Männer in mittleren Lebensjahren können sich vielleicht besser in den Protagonisten einfühlen und genießen die Lektüre dieser Kleinstadtepisoden.
Personen: Capus, Alex
Capus, Alex:
¬Das¬ Leben ist gut : Roman / Alex Capus. - München : Carl Hanser, 2016. - 238 S.
ISBN 978-3-446-25267-7 fest geb. : ca. € 20,60
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G Capu - Buch: Dichtung