Delacourt, Grégoire
Der Dichter der Familie Roman
Buch: Dichtung

Üblicherweise muss ein Dichter von Kindesbeinen an gegen eine feindliche Umwelt kämpfen und alle seriösen Berufsangebote ausschlagen, damit er sein Leben der Literatur opfern kann. werden kann. Grégoire Delacourt zeigt ironisch bitter, wohin es führt, wenn ein zarter Knabe zum "Dichter der Familie" ausgerufen wird. Der Ich-Erzähler lässt schon mit sieben, kaum, dass er das Schreibgerät halten kann, die ersten Reime heraus. "Mama / du bist kein Lama / Papi / und du kein Okapi / Oma / du singst Paloma / Opi / alle machen Pipi." (11) Dieses Gedicht ist selbst in der Übersetzung noch eine Wucht und vermittelt geniale Züge des Erzählers. Bei jeder Gelegenheit wird der Held in Zukunft von Pflichten freigesprochen, weil er ein Genie ist. Aus diesem Blickwinkel heraus beobachtet er das Familienleben, der Vater wird schwerhörig und dement, die Mutter legt sich einen Überlebensfreund zu, der Bruder springt schließlich aus der Psychiatrie und verletzt bei seinem Suizid noch ein Kind, indem er ihm in den Rücken springt, die Schwester fürchtet sich unendlich vor der Schwangerschaft. Und der Held? Vor lauter dichten geht das Leben an ihm stumm vorüber und spült ihn in die Nischen des gewöhnlichen Lebens. Statt in der Literatur endet er in der Werbebranche. "Ich konnte von meiner Feder Leben, hatte mich aber im Tintenfass geirrt." (181) Der tägliche Umgang mit Konsumartikeln, falschem Glanz und verlogenen Werbebotschaften lässt ihn auch das eigene Leben wie eine Kampagne inszenieren. "Beide waren die erste Liebe des anderen!" (57) Nach so einem Satz muss man völlig heiraten, der Dichterheld heiratet und betrügt seine Frau mit einem sexuellen Monster Annie. Deren Tochter ruft eines Tages an, dass die Mutter an Aids gestorben sei und in ihrem Kalender ein paar hundert Lover verzeichnet seien. Sie wünsche allen den Tod und ekle sich vor dem Klebrigen der Männer. (176). So nebenher kommen zwei Töchter auf die Welt und endlich erfolgt die Scheidung, die den gut verdienenden Werbetexter in die Armut stürzt. Die Geschichte endet wie beim Hund in der Küche, die eine Tochter fängt zu dichten an. Grégoire Delacourt erzählt eine übliche Familiengeschichte mit dem großen Atem eines zusammengeschlagenen Helden. Nichts entwickelt sich so wie in den Träumen, weil sich alles in Richtung Alltag entwickelt. "Wir waren Früchte gewesen, plötzlich waren wir Bäume." (83) Lapidarer lässt sich das Leben nicht zusammenfassen. - Wundersam ironisch und optimistisch. Helmuth Schönauer


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Personen: Scheffel, Tobias (Übers.) Delacourt, Grégoire

Schlagwörter: Familie Liebe Autor <Frankreich>

Delacourt, Grégoire:
¬Der¬ Dichter der Familie : Roman / Grégoire Delacourt. - Hamburg : Atlantik, 2017. - 237 S. - Aus dem Franz. von Tobias Scheffel
ISBN 978-3-455-40468-5 fest geb. : ca. Eur 20,60

Zugangsnummer: 0026292001 - Barcode: 0000461245
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G Dela - Buch: Dichtung