Le Callet, Blandine
Die Ballade der Lila K Roman
Buch: Dichtung

Ein Heimkind auf der Suche nach Vergangenheit und Zukunft. (DR) Eines Morgens geht die Türe auf und fünf schwarz gekleidete Männer mit Helmen stürmen die heruntergekommene Behausung einer Mitte 30-Jährigen und ihrer fünf Jahre alten verwahrlosten Tochter. Die Mutter wird zum Verhör auf die Polizeistation abtransportiert, für die völlig verängstigte und traumatisierte Kleine beginnt im "Zentralheim" ein jahrelanges Martyrium. Ans Bett gefesselt, wird sie zwangsernährt und muss ob ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes (Knochenbrüche, Brandwunden) operiert werden. Das lichtscheue Mädchen wird, auch auf eigenen Wunsch, komplett isoliert und muss peu à peu wieder sprechen und gehen lernen. Langsam gelingt es ihr, mit den Widrigkeiten des unpersönlichen Heims umzugehen, und sie fasst schließlich Vertrauen zu ihren Tutoren, die der kleinen Lila bald überdurchschnittliche Intelligenz attestieren. Das ermöglicht ihr, sich mit Hilfe von Programmen und visuell vermittelten Kursen weiterzubilden. Ihr einziger Antrieb ist der innige Wunsch, zu ihrer Mutter zurückkehren zu dürfen. Doch als sie es eines Tages wagt, nach dieser zu fragen, erhält sie keine Antwort. Die Geschichte spielt in einer nahen Zukunft, zu Beginn der nächsten Jahrhundertwende, es gibt eine Zweiklassengesellschaft. In "intramuros" herrscht totale Überwachung. Alles wird zentral von der Regierung gesteuert, sämtliche Daten existieren nur noch in digitaler Form. Jenseits der Mauern befindet sich die Zone, aus der auch Lila stammt. Keine Überwachung, dafür Elend und anarchische Zustände. Eines Tages wird sich Lila, die nach erfolgreich abgeschlossener Resozialisierungsmaßnahme einen Posten in der Bibliothek annimmt, heimlich auf die Suche nach ihrer Mutter, ihrer ausgelöschten Vergangenheit und einer lebenswerten Zukunft machen. Aktueller denn je, in Zeiten der Vorratsdatenspeicherung u. ä., ist Blandine Le Callet ein überaus einfühlsamer, realistischer und vor allem tieftrauriger Roman gelungen, der in seiner Intensität kaum zu überbieten ist. Die einzelnen Entwicklungsstadien dieser kleinen, gepeinigten Seele, die Schilderungen der perfekt aufeinander abgestimmten emotionalen Zusammenhänge ohne Pathos oder Übertreibung hinterlassen beim Leser eine Eiseskälte, die sich trotz vorhandener Lichtblicke zumindest in einem Gefühl tiefen Unbehagens äußert. Die Präzision der Autorin macht aus dieser negativen Zukunftsvision eine Gesellschaftskritik, die vor allem "aus dem Bauch heraus" wirkt. Schwer verdaulich, aber in jedem Fall grandios. *bn* Christoph Stitz


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Personen: Klobusiczky, Patricia (Übers.) Le Callet, Blandine

Schlagwörter: Utopie Überwachung Autor <Frankreich>

Le Callet, Blandine:
¬Die¬ Ballade der Lila K : Roman / Blandine Le Callet. - Berlin : Ullstein, 2012. - 364 S. - Aus dem Franz. von Patricia Klobusiczky
ISBN 978-3-550-08871-1 fest geb. : ca. Eur 20,60

Zugangsnummer: 0020233001 - Barcode: 0000400633
Science Fiction-Romane und Utopische Romane - Signatur: DR.U Le Ca - Buch: Dichtung