Janisch, Heinz
Heute will ich langsam sein
Buch: Kinder/Jugend

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Bücher zu sortieren: Manche Menschen ordnen ihren Büchern Farben zu und stellen jene Bücher, die das Gefühl von Blau oder Grau oder Grün bei ihnen hervorrufen, nebeneinander ins Regal. Eine sicher ebenso unkonventionelle Möglichkeit, Bücher in ihrem 'Wesen“ zu erfassen, wäre es, ihnen Geschwindigkeiten zuzuordnen. Die Jugendliteratur und insbesondere der Adoleszenzroman könnte dann als beschleunigtes Genre gelten; der Lyrik hingegen würde wohl das Moment der Langsamkeit zugesprochen werden. Der Titel des neuen (Kinder-)Gedichtbandes von Heinz Janisch darf in diesem Fall als Pleonasmus bezeichnet werden: Heute will ich langsam sein. In jedem Fall zeigt sich an diesem Titel, dass Heinz Janisch Zuordnungen wie die oben angesprochenen durchaus mag: Der Vorgängerband zum soeben erschienenen Lyrikband heißt 'Ich schenk Dir einen Ton aus meinem Saxofon“ und frönt damit wohl ein wenig dem Versuch, Bücher mit Musik zu assoziieren. Lesungen aus diesem Band veranstaltet Heinz Janisch am liebsten mit Musikbegleitung: Der Kontrabass oder eben das Saxofon zeigen dann die Wesensverwandtschaft von Lyrik und Musik im Mittel der Reduktion. Und nun also ein weiterer Schritt der Entschleunigung: Heute will ich langsam sein Mein Schutzengel ist noch sehr klein und müde vom Fliegen Er soll keinen Ärger kriegen Ich geh heut langsam, Schritt für Schritt Da kommt er – spielend – mit An diesem 'Heute“ will das lyrische Ich nicht nur langsam sein, sondern spricht – quer über den Band verteilt – auch von seinem Wunsch, zum Meer gehen, tausend Träume träumen, still am See stehen, auf dem Baum wohnen, die Trommel schlagen oder einfach allein sein zu wollen. Wie klingt das kalte Glas? Und wie das warme Gras? Es sind Momente des Hinhörens und des Erspürens, die Heinz Janisch hier in kleinen Versen sammelt und mit deren Hilfe er Grundmotive des titelgebenden Gedichtes immer wieder aufgreift – durchscheinende Wesen zum Beispiel, seien es Engel, Wolkenelefanten, Schmetterlinge oder Frauen aus Papier. Oder das sich Schritt-für-Schritt-Fortbewegen, das Gehen, das Staunen, das Wahrnehmen, das Einander-nahe-Sein. Dazwischen wird ins Stroh gepinkelt und Wespenalarm ausgerufen, es kommt der große WAFZNU zu Wort und lang- sowie kurznasige Holzpuppen bezeugen den Wahrheitsgehalt von (Un-)Gereimtem: Eine gute Schaumrolle schmeckt nach Wolle. Die in Peter-Pan-Haltung triumphierend im Bild platzierten Pinocchios stammen – wie auch alle übrigen grafischen Gestaltungselemente - von Linda Wolfsgruber. Die vielfach ausgezeichnete Illustratorin macht diesen Band (wie auch schon 'Ich schenk Dir einen Ton aus meinem Saxofon“) zum Schau-Erlebnis: Sie greift das Wörtliche und gleichzeitig Assoziative der Gedichte auf und übersetzt es mit künstlerischen Mitteln in ihre Bilder. Sie verwendet verschiedene Materialien, arbeitet flächig und figural, arrangiert Bildsymbole, lässt Insekten ausschwärmen und Störche Schachfiguren verschieben. Motive aus dem Vorgängerband wie der sich drehende Tellerrock, die Wolkenbilder oder der Fisch auf dem Tisch werden dabei erneut aufgegriffen und in neuen Zusammenhang gestellt, sodass liebevoll vorgetragene Ironisierungen durchaus nicht nur auf den Text abzielen. Bis sich schließlich das lyrische Ich zwischen Buchseiten versteckt und dem Du zum Geschenk gemacht wird – mit Linda Wolfsgrubers Hilfe wird es auf extravagante Weise – wortwörtlich – an uns herangetragen. Das Gedicht kommt immer zu kurz Nun, wer sich hier dem Wunsch anschließt, heute Rückwärts zu gehen und dabei eine Weltreise mit den Fingerspitzen zu unternehmen, der sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit für das (Kinder-) Gedicht heute einmal lange währt. *bn* Heidi Lexe


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.

Personen: Wolfsgruber, Linda (Ill.) Janisch, Heinz

Schlagwörter: Gedichte Lyrik Andersentag 2006 Buchpreis Autor <Österreich> Buchpreis <Österr. Kinder und Jugend>

Interessenkreis: Kinder

Janisch, Heinz:
Heute will ich langsam sein / Heinz Janisch. Illustriert von Linda Wolfsgruber. - Wien : Jungbrunnen, 2005. - 92 S. : Ill.
ISBN 3-7026-5769-X fest geb. : ca. Eur 13,40

Zugangsnummer: 0013953001 - Barcode: 0000287081
Lyrik - Signatur: JL Jan - Buch: Kinder/Jugend