Die neuen Technologien und ihre Möglichkeiten. (NT) Der israelische Historiker Yuval Noah Harari macht wegen seines aktuellen Buches "Homo Deus" ziemlich von sich reden. Die umfangreiche Übersicht zu kaum noch überschaubaren modernen Wissenschaftsbereichen enthält hochinteressante Forschungsergebnisse über Biochemie sowie Einblicke in die Welt von Algorithmen, Vernetzung und Massendaten. Sie birgt auch weltanschauliche Sichtweisen. Doch warum setzt der Autor dabei nur so viel Energie dazu ein, gegen Christentum und andere Religionen zu sticheln - etwa wenn er Priestern, Rabbinern oder Muftis vorwirft, keine weltbewegenden Entdeckungen zum Thema gemacht zu haben? Auf den über 500 Seiten werden Möglichkeiten, in welche Richtungen aktuelle und vor allem noch zu erwartende Entwicklungen zeigen könnten, ausführlich erörtert. Viele Themenbereiche dürften den meisten LeserInnen aus Presse und Fernsehen bekannt sein, aber eben nicht in dieser Tiefe: Mit Crispr/Cas können schadhafte Genstränge punktuell repariert werden, die Cyborg-Technologie, mit der man eine Art Zwitter aus Mensch und Maschine erzeugen kann, ermöglicht es, mit der Kraft der Gedanken bionische Gliedmaßen zu bewegen, und künstliche Intelligenz kann menschliche Intelligenz bereits heute in einigen Fällen schlagen, bekanntestes Beispiel: Schach. Welche Intelligenz siegt am Ende? Wie könnte das mit Generationenkonflikten funktionieren, wenn Menschen eines Tages dank wissenschaftlicher Errungenschaften etwa 150 Jahre oder älter werden sollten? Laut Yuval Noah Harari führt die Bio-Wissenschaft alles, was lebt, auf chemische Reize zurück. Da scheint es keinen Platz für Seele oder Geist zu geben, sondern nur noch für Evolution und Reizbefriedigung auf niedrigster Ebene. Und wie schon oft zuvor werden Gott, Humanismus, Liberalismus und einiges mehr für tot und der freie Wille für halbtot erklärt. Wie auch immer begründbar, der Mensch möchte wohl stets der Größte sein, ein Homo Deus, zu dem er sich selbst machen will, auch wenn er dabei im schier unendlichen Datenmeer zum "Dataisten" mutieren könnte. Wie mit all den hoffnungsvollen und durchaus auch beängstigenden Realitäten und Visionen umgehen? Das muss wohl jeder für sich entscheiden, dazu kann es keine für alle geltende Botschaft geben. Was Wissenschaftler so alles erforschen, vor allem wenn es um Eingriffe in das menschliche Erbgut geht, sollte man im Groben kennen. Dazu gibt das flüssig geschriebene "Homo Deus" einen guten Überblick.
Personen: Harari, Yuval Noah Wirthensohn, Andreas (Übers.)
Harari, Yuval Noah:
Homo Deus : eine Geschichte von Morgen / Yuval Noah Harari. . - München : C.H. Beck, 2017. - 576 S. : Ill. (z.T. farb.), graph. Darst. - Aus dem Engl. übers. von Andreas Wirthensohn
ISBN 978-3-406-70401-7 fest geb. : ca. € 25,70
Bevölkerungskunde, gesellschaftspolitische Planung, Zukunftsforschung - Signatur: GS.B Hara - Buch: Sachbuch