Rezension: Ach, wie wir sie hassen, diese aufgeblasenen Goldkettchen- und Ruderleibchenträger, wie sie selbstverliebt und großmäulig, halbstark zwar nur aber trotzdem um die Hälfte stärker als wir, durch die Straßen laufen, immer auf der Suche nach uns Angsthasen, Zwergen und MützenträgerInnen. Nicht dass sie uns gleich fressen wollten, aber uns zu zeigen, dass sie es könnten, wären sie hungrig, das allein reicht uns schon. Schließlich wissen wir ja nie, ob sie gerade hungrig sind oder nicht. Wenn wir dann zusehen, wie eine kleine naive Kröte frech wird, nicht - wie zuvor Rotkäppchen oder die drei kleinen Schweinchen - in die Knie geht vor so einem Wolf, dann werden wir zwar einerseits an unsere eigene Feigheit erinnert, aber andererseits sind wir so voller Mitleid vor der Kröte, die ja auch nur ein Zwerg ist, dass ersteres unsere Selbstachtung nicht kratzt. (Aber irgendwie denken wir auch: Geschieht ihm ja eigentlich recht …) Wie auch immer, glauben wir, einmal noch umblättern und es ist vorbei. Dass hinter einer frechen, nur scheinbar naiven Kröte jedoch eine gewaltige Mutter stehen kann, damit haben weder der Wolf noch wir gerechnet. Obwohl wir es besser wissen müssten, schließlich ist das hier ein Bilderbuch und die Geschichte ist nicht neu. Dass sie aufs Neue so gut funktioniert, liegt zwar auch daran, dass wir sie immer wieder gerne lesen, aber wohl auch daran, wie Mario Ramos sie inszeniert. Er reduziert den Stoff auf das Wesentliche, die Figuren (der Wald wird nur zwischendurch als Kulisse rein geschoben), mit deren Mimik er sehr fein spielt. Vor allem der Wolf hat ein großes Repertoire: freundlich satt, leicht verschlagen, immer wieder selbstverliebt, schließlich durchaus gefährlich und am Ende so wunderbar kleinlaut - das alles mit geringen Mitteln. Der Text tut im übrigen das seine, spitzt zu, übertreibt und ist sehr komisch. (Ob der Witz auf den belgischen Autor oder den Verleger und Übersetzer Weber zurückgeht, wissen wir nicht, Letzterem trauen wir aber in dieser Hinsicht auch einiges zu). Am Ende jedenfalls denken wir: Das nächste mal, wenn wir einem von ihnen begegnen, den aufgeblasenen …, dann - ja was dann? Genau: Immer die Mutter mitnehmen, auf die kleinen Spaziergänge durch den Wald. Oder aber über sich selbst hinauswachsen.
Personen: Ramos, Mario
Ramos, Mario:
Ich bin der Stärkste im ganzen Land! / Mario Ramos. - Frankfurt a. M. : Moritz-Verl., 2003. - [14] Bl. : durchg. Ill. (farb.). - Aus dem Franz. von Markus Weber
ISBN 3-89565-136-2 fest geb. : ca. € 11,20
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