Bei einem Gebirgsausflug mit ihren Eltern verschwindet in einem Bergdorf in Mittelengland ein 13-jähriges Mädchen. Eine großangelegte Suchaktion bleibt ergebnislos, trotz Einsatz von Hubschraubern und ausgebildeten Tauchern. Der Fall erhält großes Medienecho, die Ermittlungen ziehen sich dahin und das vermisste Mädchen ist in den Gedanken der Dorfbewohner sehr präsent. Klingt alles sehr abgedroschen und bekannt aus vielen ähnlich gestrickten Krimis. Dieser Plot wird nüchtern und rasch auf den ersten Seiten abgehandelt. Wer dann aber auf eine klassische Fortführung der Handlung hofft, erlebt sein blaues Wunder. Dieses Buch ist ein einmaliges literarisches Experiment, das den Leser zunächst einmal verärgert: Ohne Gewichtung werden die verschiedensten Handlungsebenen collageartig aneinandergereiht, ob Tierwelt, Naturbeschreibungen, Kalenderereignisse oder Hauptfiguren - in der minuziösen Beschreibungskunst des Autors sind alle Eindrücke, Schicksalswendungen, Naturphänomene unterschiedslos im Fokus. Es gibt keinen scharf umrissenen Vordergrund vor einer in den Hintergrund gerückten Kulisse. Das stellt die Geduld und Fassungskraft des Lesers auf eine harte Probe. Bei etwa 50 Hauptpersonen, die sich in diesem Roman immerfort abwechseln, lässt sich der rote Faden ihrer Biografien manchmal erst gegen Ende des Buches erkennen. Wer dann noch diese Lektüre genießen kann, der wird auf der letzten Seite voller Staunen über die Gestaltungskunst des Autors aufatmen - und großmütig darüber hinwegsehen, dass das Rätsel um das verschwundene Mädchen selbst da noch ungelöst bleibt!
Personen: Burger, Anke Caroline (Übers.) McGregor, Jon
McGregor, Jon:
Speicher 13 : Roman / Jon McGregor. - München : Liebeskind, 2018. - 352 S. - aus dem Englischen übersetzt von Anke Caroline Burger
ISBN 978-3-95438-084-8 Festeinband : Eur22,70
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G McGre - Buch: Dichtung