Ist der Upload des Bewusstseins in ein digitales Paradies wirklich das, worauf Yolanda hoffen soll? (ab 13) (JE) Alles für das Leben nach dem Ende. So ist die überschaubare Crew der Serverinsel ausgerichtet, die inmitten des Ozeans ihren täglichen Aufgaben nachkommt und alternativlos dem Ziel entgegenblickt, irgendwann hochgeladen werden zu können in das glückliche digitale Leben nach dem Leben. Überwacht und gleichzeitig umsorgt wird das Grüppchen vom Supercomputer Godmother, der zwar nicht in die Köpfe seiner menschlichen Ressourcen blicken kann, deren Tage als »Analoge« aber streng durchgetaktet sind und keinen Spielraum für eigenen Willen lassen, dessen Kameraaugen und Mikrofon-Ohren aber überall sind. Godmother berechnet, lässt sämtliche Daten und Variablen in einem ständigen Prozess des Systemerhalts in ihr Rechenzentrum laufen und weiß alles: Wie viel gedruckte Nahrung und Trockenfisch welches Crewmitglied braucht, um nicht krank zu werden und genügend Leistung erbringen zu können, wie lange die Trainingsgeräte bei aktueller Nutzung halten werden, wie lange die Nahrungsmittelvorräte noch auslangen, bevor es knapp wird. Und sie weiß auch um die Beziehungen und um jedes geflüsterte Wort der Analogen. Für Yolanda ist Godmother, die ebenso hart bestrafen kann, wie sie bei guter Leistung gütig Dienst-Tage bis zum Upload nachlässt, mehr als nur ein ständig anwesender Rechner – sie hat im Supercomputer eine zwar kontrollierende, aber auch sorgende Mutterfigur gefunden, seit sie ihre biologische Mutter in den Klimakriegen verloren hat. Als sie bei Reparaturarbeiten mit ihren Freund*innen die Botschaft findet, Godland sei »fake«, kommen in ihr aber Zweifel am Leben auf der Serverinsel auf und so gerät Yolandas Dasein, dessen gesamte Energie nur auf Instanthaltung der Insel aufgewendet wird, in Schieflage. Als Godmother den Analogen einen Besuch in Godland erlaubt, wird der Blick ins Paradies zu einer unheimlichen Vision. Zwar scheint dort die heile Welt zu warten, gleichzeitig aber reicht die Serverkraft nicht aus, Godland auch wirklich am Laufen zu halten. Und dann will Godmother auch noch, dass Yolanda so schnell wie möglich für Nachwuchs sorgt, aber diese hat begonnen, nach ihren eigenen Regeln zu spielen … Martin Schäuble ist kein Neuling am Terrain düsterer und durchdachter Young-Adult-Dystopien. Nach Werken wie »Die Gescannten« oder »Cleanland« gelingt ihm auch mit »Godland« eine Weltvision der nahen Zukunft, die hierarchiegläubige Gesellschaftsstrukturen, Technologie und Digitalisierung zu einem unheimlichen Schreckensszenario spinnt. Die schnelle und direkte Sprache treibt durch eine aktionsreiche Handlung, die aktuelle Fragen in großer Drastik aufkommen lässt: Was geschieht nach der Klimakrise? Ist ein Upload menschlichen Bewusstseins in die digitale Sphäre möglich? Und dienen wir den Maschinen bald mehr als sie uns? Dass dem Roman intensive Recherche vorausging, um die Bausteine der zukünftigen Handlungsorte möglichst plausibel zu machen, trägt zu einer ebenso beklemmenden wie spannenden Lektüreerfahrung bei.
Personen: Schäuble, Martin
Schäuble, Martin:
Godland : dein ewiges Leben hat einen Preis / Martin Schäuble. - Frankfurt am Main : Fischer KJB, 2023. - 332 Seiten ; 22 cm, 523 g
ISBN 978-3-7373-4311-4 Festeinband : EUR 15,50 (AT)
Jugend / Erwachsene - Signatur: JE Schäu - Buch