Geistvolle Reise durch 100 Jahre österreichische Literaturgeschichte. In einem Wiener Cafe im 17. Bezirk treffen die zwei Protagonisten, der Buchhändler Roch und die junge Kellnerin Lisa (sie studiert Deutsche Literatur) aufeinander. Der frühpensionierte ehemalige stellvertretende Leiter einer Wiener Büchereifiliale überredet sie, für ihn das Manuskript seines schon im Jahr 2000 begonnenen "Jahrhundertromans" abzutippen. Zögerlich macht sie sich wegen des angebotenen Verdienstes ans Werk, scheitert aber daran, dass sie seine krakelige Schrift nicht lesen kann, und bringt in einem ungünstigen Moment in ihrer Studenten-WG auch noch die Seiten durcheinander - sie sind nicht nummeriert. Roch versucht in seinem "Depot" in der Florianigasse vergeblich, die Seiten wieder zu ordnen. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich eine Reise quer durch die österreichische Literaturlandschaft der letzten hundert Jahre. In immer neuen Volten serviert uns Henisch hier Texte, Gedichte, Randnotizen usw. von Robert Musil, Heimito von Doderer, Ödön von Horvath, H.C. Artmann, Joseph Roth, Elfriede Jelinek, Ingeborg Bachmann und vielen anderen. Dazu gibt es merkwürdige Einstreuungen, wenn er etwa Ernest Hemingway bei Christine Nöstlinger wegen eines Gedichtes anrufen lässt, aber von Lisa widerlegt wird, die da meint, dass Hemingway zu diesem Zeitpunkt schon zwölf Jahre tot gewesen sei, wie ihr ihr Smartphone verraten hat. Hier erfindet Henisch den sogenannten "Möglichkeitssinn", der sich durch das ganze Buch zieht. In einem zweiten Handlungsstrang erfahren wir von Lisas syrischer Freundin Semira, die von der Abschiebung aus Österreich bedroht ist und plötzlich in Lisas WG auftaucht. Ein Lesevergnügen, mit einem gehörigen Schuss Ironie als "Jahrhundertroman" bezeichnet!
Personen: Henisch, Peter
DR
Hen
Henisch, Peter:
¬Der¬ Jahrhundertroman : Roman / Peter Henisch. - Salzburg : Residenz-Verlag, 2022. - 288 Seiten
ISBN 978-3-7017-1731-6 Fest gebunden : ca. € 24,00
DR - Schöne Literatur