Ein Tagebuch ist das Journal des Essayisten Karl-Markus Gauß Mit mir, ohne mich nicht, eher ein Monats- oder Jahresbuch. Es beginnt im August 2000 und endet mit Juli 2001. Nicht unbedingt eine Zeit der großen Umwälzungen, Revolutionen oder Skandale. Und nachträgliche Gedanken zum 11. September wurden auch nicht eingefügt. Darum geht es auch gar nicht, sondern um Begegnungen, persönliche Anmerkungen, Gedanken eines kämpferischen Intellektuellen. Man muss bei der Lektüre nicht immer zustimmend nicken, doch anregend ist sie auf alle Fälle. Seine Feindschaft gehört den Götzendienern der Medienindustrie. So scharf er jedoch mit ihnen ins Gericht geht, so liebevoll, fast zärtlich kann er über Literaten, Künstler oder Wissenschaftler schreiben, die es ihm wert sind, wie Karl Kraus, Paul Parin, Klara Blum, Michael Guttenbrunner oder Theodor Herzl. Politiker und Priester, von Wolfgang Schüssel bis zum Salzburger Erzbischof Eder, bekommen ihr Fett ab. Regisseur Luc Bondy entrüstete sich öffentlich, da Gauß über die Verleihung des Nestroy-Preises schrieb und ihm dabei einen "Kropf der Selbstzufriedenheit" attestierte. Damit hat es Gauß auch in die Klatschspalten geschafft, obwohl es sicher nicht sein Ziel war. In seiner Wertung ist er scharf und unbeugsam. Große Namen beirren ihn dabei nicht. Dafür vertraut er zu sehr auf sein Urteil. Temperamentvoll mag er manchmal über das Ziel hinaus schießen, doch oft genug sitzt das Urteil präzise und manchmal schmerzhaft. Er lässt sich nicht in eine Ecke stellen, obwohl man ihn oft katalogisieren möchte. So kritisiert er auch Äußerungen der Haider-Gegner, wenn sie seiner Ansicht nach falsch sind. Vielleicht wird er dabei missverstanden, doch mit diesem Umstand hat er zu leben gelernt, wie er betont. Er bleibt seiner eigenen Wahrheit verpflichtet. --Tobias Hierl

---

---

Personen: Gauß, Karl-Markus

Schlagwörter: Salzburg Kultur Literatur Gesellschaft