"Vorhang auf für den Struwwelpeter des 21. Jahrhunderts". (JE) Struwwelpeter-Neufassungen, im Original 1845 erschienen, gibt es wie Sand am Meer - politisch, erotisch, die ursprüngliche pädagogische Absicht verdrehend. Und es stellt sich die Frage, wieso diese Geschichten nun wieder aufgewärmt werden sollen. Sie stammen aus einem anderen gesellschaftlichen und pädagogischen Kontext und sind in ihrem Plot einfach nicht erzählenswert. Die zappelnden und unkonzentrierten Kinder, die im Original bestraft werden, stilisiert Enzensberger nun zu Kinder-Helden. Es ist doch so, dass diese Verdrehungen nur für jene funktionieren, die das Original noch kennen. Und es ist zu hoffen, dass den Kindern des 21. Jahrhunderts diese, der schwarzen Pädagogik verpflichteten, Geschichten erspart bleiben. Wem also wird hier mit den neuen, als Kindertheater gestalteten Reimen gedient? Vielleicht älteren Damen und Herren, die sich an diese Geschichten noch sehr gut (möglicherweise leidvoll) erinnern und über einen bösen Friedrich, der bei Frauen an die Brüste grapscht und dafür an einer empfindlichen Stelle getreten wird, lächeln können. Oder über Paulinchen, die ja im Original verbrannt ist, und nun zum tricksenden Mädchen mutiert, das aus dem Grab steigt und damit ihre Freunde erschreckt. Das Motto des Buches lautet "Widerworte sind gesund", Zitat: "Erwachsne gehen in die Fabrik und kümmern sich um Politik. Doch wer braucht schon diesen Krempel. Nehmt euch Robert zum Exempel. (Chor der Kinder): Was ihr da treibt, das reicht uns fast! Wie machen nur noch, was uns passt." Hans Magnus Enzensberger ist ein hervorragender Lyriker, manche Reime sind witzig, die Illustrationen sind es auch. Aber es bleibt der fahle Geschmack der Cui bono - für wen wurde dieses Bilderbuch gemacht? Am ehesten für SammlerInnen fortgeschrittenen Alters. Den Kindern sollte man es eher vorenthalten, eine Rückkehr Struwwelpeters erscheint wenig wünschenswert.

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Personen: Enzensberger, Hans Magnus Kuhl, Anke