Problematik der Gehörlosigkeit aus Sicht der Mutter eines betroffenen Kindes - berührend, aber einperspektivisch. (DR) Ein Jahr nach Andreas Geburt wird es für die Psychologin, Malerin und Journalistin Daniela Rossi zur bitteren Gewissheit: Ihr Sohn ist nahezu gehörlos. Eine Odyssee durch Arztpraxen, Krankenhäuser und Therapieeinrichtungen beginnt. Operation? Hörgeräte? Andrea soll den Anschluss an die "normale" Welt finden, die Welt der Geräusche, Klänge und der Lautsprache. Er soll nicht auf die Gemeinschaft der gebärdenden Gehörlosen angewiesen sein, die in Rossis Darstellung einer verschworenen, weltabgewandten Sekte ähnelt. Und genau da liegt die Schwäche des Buches: Es ist augenscheinlich und verständlich, dass hier eine Mutter das Beste für ihren Sohn will und darum kämpft, ihm ein Leben in allen Facetten zu ermöglichen. Unangenehm drängt sich aber das Gefühl auf, hier solle ein Kind in eine Form gepresst werden, die ihm nicht entspricht. Auch wenn Medizin, Wissenschaft und Technik großartige Fortschritte zu verzeichnen haben, um beeinträchtigten Menschen das Leben zu erleichtern, sind es häufig die Betroffenen selbst, die aus ihrer Eigenheit heraus die wichtigsten Bewältigungsmuster entwickeln: Daher ist Rossis einperspektivische Darstellung der Gebärdensprache als verkürzt in Ausdruckskraft und Lebendigkeit kaum nachvollziehbar. Ihre vehemente Ablehnung dieses Ausdrucksmittels ist schwer verständlich, zumal sie selber den Druck, dem sich ihr kleiner Sohn durch die ständigen Therapien ausgesetzt fühlt, recht anschaulich schildert. Bei Rossi geht es um ein "Entweder-Oder". Das "Sowohl-Als auch" wird abgeblockt. Schade - vielleicht auch für Andrea! *bn* Isabella Müller
Personen: Rossi, Daniela Hausmann, Friederike
Standort: Bibliotheksreferat
Rossi, Daniela:
¬Die¬ Welt der namenlosen Dinge : Roman / Daniela Rossi. Aus dem Ital. von Friederike Hausmann. - München : Kunstmann, 2006. - 141 S.
ISBN 3-88897-407-0 fest geb. : ca. Eur 15,30
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Ros - Belletristik