Je näher der Tod ist, umso begehrter ist das Erbe, erfährt die lebenskluge Bibliothekarin. (DR) Eines Tages erhält die Ich-Erzählerin, eine pensionierte Bibliothekarin, eine überraschende Einladung zu einem Gabelfrühstück bei einem ehemaligen Kollegen, dem kinderlosen und verwitweten Wolfram. Schwer von einer Krebserkrankung gezeichnet, macht er ihr ein befremdliches Angebot: Wenn sie sich um seine Beerdigung und eine etwas seltsame Inschrift auf seinem Grab kümmert, wird er ihr ein Viertel seines Vermögens vermachen, wenn sie ihn bis zu seinem nahen Ende pflegt, die Hälfte. Sollte sie ihn wunschgemäß erwürgen, werde sie alles erben. Karla und eine nicht ganz uneigennützig hilfreiche junge Bibliothekskollegin schwanken zwischen der Erbvariante zwei und drei. Doch noch vor Unterzeichnung des Testaments liegt Wolfram mit Würgemalen tot in seinem Bett. Wer hat ihn auf dem Gewissen, wer hat überhaupt ein Gewissen? Es folgen heftige Abwehrkämpfe gegen eine habsüchtige Nichte, eine neugierige Nachbarin und die habgierige Mitwisserin. Wer sich die Hände schmutziger macht - die auf eine sichere Habe hoffende Erbin oder die gierigen Konkurrentinnen - werden die LeserInnen selbst entscheiden. Die Erste findet jedenfalls im Erbtrubel eine neue Familie und schöpft aus ihren reichen bibliothekarischen Erfahrungen, um zwei Scheidungswaisen vorlesend zu verwöhnen. Ingrid Noll ist ein weiterer Schelminnenroman gelungen, der elegant, spannend und humorvoll die althergebrachten Vorstellungen vom beschaulichen Altendasein und weiblich-männlicher Rollenverteilung in Kriminalfällen zum Schwanken bringt.
Personen: Noll, Ingrid
Standort: Bibliotheksreferat
Noll, Ingrid:
Hab und Gier : Roman / Ingrid Noll. - Zürich : Diogenes-Verl., 2014. - 252 S.
ISBN 978-3-257-06885-6 fest geb. : ca. € 22,60
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Nol - Belletristik