Thomas Ramge ist eine erstklassige Biografie gelungen -- solide recherchiert, packend geschrieben und ausgekleidet mit viel historischem Hintergrund. Was sinnvoll ist bei einer Familie, deren Leben so eng verwoben war mit der Geschichte Deutschlands. Es schaudert einen oftmals bei der Lektüre. Die Flicks ist ein Lehrstück darüber, was Unternehmen im Namen des Profits zu tun gewillt waren, über das völlige Fehlen von Unrechtsbewußtsein bei der Jagd nach der Rendite. Es ist Anschauungsunterricht darüber, dass die Gier keine Grenzen kennt. Anfangs hielt Friedrich Flick, der geschäftstüchtige Gründer, nicht viel von den Nazis. Doch als absehbar war, dass sie an die Macht kommen würden, richtete er sich sofort darauf ein, trat der NSDAP bei -- und warf begehrliche Blicke auf Unternehmen, die Juden gehören. Der Hausjuristen des Konzerns schrieb den Gesetzesentwurf über die Enteignung jüdischen Eigentums, der später beinahe wortwörtlich in Kraft trat. Übelkeiterregend ist auch das nächste Kapitel der Unternehmensgeschichte: Flick ließ Zehntausende von Zwangsarbeitern in seinen Betrieben schuften, viele von ihnen überlebten es nicht. äZwangsarbeiter waren ein begehrtes `Gut´ö, berichtet Thomas Ramge. ôViele Unternehmen drängten, Konzentrationslager in der Nähe ihrer Produktionsanlagen zu bauen. Andere errichteten neue Werke neben den Lagern.ö Bei Flick stellten die Zwangsarbeiter bis zu der Hälfte der Belegschaft. Sie mussten bis zu 98 Stunden in der Woche arbeiten und waren völlig unterernährt. Widerlich auch, wie Flick lebenslang jede Schuld abstritt und sich weigerte, auch nur eine Mark Entschädigung an die damals Betroffenen zu zahlen. Und das, obwohl sein ohnehin schon immenses Privatvermögen in den Kriegsjahren durch die Gewinne aus Rüstung auf zwei bis drei Milliarden Reichmark anwuchs. Nach der Niederlage Deutschlands büßte Flick zwar einen Teil seines Vermögens ein und musste einige wenige Jahre im Gefängnis verbringen, aber während des Wirtschaftswunders schaffte er es schnell wieder, reich zu werden. Die nächste Generation zeigte auch nicht mehr Skrupel als der Gründer. Ein mutiger Steuerfahnder deckte 1982 trotz politischen Drucks auf, dass der Flick-Konzern durch illegale Parteispenden einen großen Teil der Regierung geschmiert hatte. Angenehm bei Ramge ist, dass er nicht nur über das öffentliche Leben der Flicks berichtet, sondern das private breiten Raum bekommt, so dass runde, spannende Porträts entstehen, dass einem die Menschen, die er beschreibt, auf den Seiten lebendig werden. Um so schockierender, was für Entscheidungen diese Menschen immer wieder getroffen haben. -- Sylvia Englert
Rezension
Personen: Ramge Thomas
Ramge Thomas:
Die Flicks : Eine deutsche Familiengeschichte über Geld, Macht und Politik. - Frankfurt a.M. : Campus-Verl., 2004
ISBN 978-3-593-37404-8
Romane, Erzählungen, Novellen - Signatur: DR Ram - Buch