Rezension
Personen: Hollanda, Pociao de Hollanda, Roberto de Pociao Phillips, Julia
Phillips, Julia:
¬Das¬ Verschwinden der Erde : Roman / Julia Phillips ; Cornelia Holfeldner von der Tann. - München : dtv, 2021. - 373 Seiten. - Die Entführung zweier Mädchen als Anlass, die Lebenssituation junger Frauen auf der Halbinsel Kamtschatka zu beleuchten. (DR) An einem Sommertag werden die elfjährige Aljona und ihre achtjährige Schwester Sofija entführt. Eine Zeugin hat gesehen, wie die beiden zu einem Mann ins Auto gestiegen sind. Alle Nachforschungen bleiben vergeblich. Die Autorin rankt um diesen Fall herum Schilderungen aus dem Leben meist junger Frauen. Einer Dreizehnjährigen wird von der Mutter, einer verbitterten Sekretärin, der Kontakt zur besten Freundin verboten. Diese ist so vor den Kopf gestoßen, dass sie sich in einen Bus setzt und an einen einsamen Strand fährt. Eine indigene Studentin lernt in Petropawlowsk einen jungen Mann kennen, der die Treue zum eifersüchtigen Freund ins Wanken bringt. Mascha trifft ihre Geliebte Lada wieder, die mittlerweile in Sankt Petersburg lebt. Die Wege der Protagonistinnen kreuzen sich, sind jedoch nur vage mit der Auflösung des Falls verbunden. Schließlich ergibt sich aber eine Spur, die zu einem Verdächtigen führt. Julia Phillips hat in Kamtschatka gelebt und ist mit den dortigen Lebensbedingungen und Spannungen nach dem Zerfall der Sowjetunion vertraut. Nicht wenige Russen trauern dieser Zeit, in der sie privilegierte Stellungen einnahmen, nach. Unterschwelliger Rassismus, Sexismus und Homophobie sind weit verbreitet, doch die Frauen setzen sich zunehmend zur Wehr. Was "Das Verschwinden der Erde" so außergewöhnlich macht, sind die meisterhaften Frauenporträts, die persönlich berühren und in ihrer Gesamtheit ein Bild der Gesellschaft Kamtschatkas zeichnen. Darüber hinaus gelingt es der Autorin, die grandiose Landschaft mit ihren schneebedeckten Vulkanen und den Weiten der Tundra eindrucksvoll zu schildern. Die Bezeichnung Roman (oder gar Thriller) trifft meiner Meinung nach nicht ganz zu, doch wie dem auch sei, "Das Verschwinden der Erde" ist eine faszinierende Lektüre und Bereicherung für alle Bibliotheken.
ISBN 978-3-423-28258-1 fest geb. : ca. 22,70
DR.G - Signatur: Phi - Belletristik