Ein faszinierender Kriminalroman mit tiefen Blicken in die Seelen der beteiligten Personen. (DR) Ein Mord an einem achtjährigen Mädchen, das man grausam zugerichtet im Park einer andalusischen Stadt gefunden hat, wird für den Inspektor zur großen Herausforderung. Nach langen Jahren des Dienstes im Baskenland ist er erst vor kurzem auf Wunsch seiner Frau, die der nervlichen Belastung der ständigen Bedrohung durch die ETA-Terroristen nicht mehr gewachsen war, in die Stadt seiner Kindheit versetzt worden. Dort kursieren Gerüchte über seine Tätigkeit als Terroristenjäger und seine einstige Verwicklung in Machenschaften des Franco-Regimes, die ihn den neuen Mitarbeitern suspekt machen. Der verschlossene, scheinbar ungerührte und rücksichtslose Inspektor ist von diesem Mord tief betroffen. Fast besessen macht er sich auf die Suche nach dem Menschen, dem die kleine Fatima in einer hellen Vollmondnacht in die Augen blickte, bevor sie brutal misshandelt und getötet wurde. Er meint, diesen Menschen an seinen Augen erkennen zu müssen, denn eine solche Ungeheuerlichkeit könne nicht ausgelöscht werden. Wochenlang streift er durch die Stadt, beobachtet Menschen und blickt ihnen in die Augen. Ohne Erfolg. Ein zweites Mal schlägt der Täter zu, doch diesmal überlebt das Opfer. Der Inspektor hält den Vorfall geheim, um den Täter zu verunsichern und ihn so vielleicht an den Ort seiner Tat zu locken. Soweit die Kriminalhandlung, die auf einer wahren Begebenheit beruht. Sie erscheint aber fast nebensächlich angesichts der eindringlichen Porträtierung der fiktiven Figuren des Autors. Mit ihren Augen betrachtet er die Welt und entfaltet ihre Lebensgeschichte. Er schaut seinen Figuren tief in die Seele, mit einer Genauigkeit der Beschreibung, die manchmal fast an die Grenzen des Erträglichen geht. Trotzdem gelingt es ihm aber, die Spannung bis zum Schluss, der noch einmal eine überraschende Wendung bringt, aufrecht zu erhalten. Ab der Mitte des Romans erhält auch der Mörder eine Stimme. Die minutiöse Schilderung der Verbrechen aus seiner Perspektive ist ein bedrückendes Stück Prosa, das an die Schmerzgrenze des Lesers rührt. Molina ist ein ungewöhnliches Buch gelungen, dessen emotionaler Sogkraft man sich nicht entziehen kann. - Jeder Bibliothek zu empfehlen. *bn* Alfons Schmiderer
Rezension
Personen: Molina, Antonio Munoz Zurbrüggen, Willi
Molina, Antonio Munoz:
¬Die¬ Augen eines Mörders : Roman / Antonio Munoz Molina. - Reinbek : Rowohlt, 2000. - 477 S.
Einheitssacht.: Plenilunio. - Aus dem Spanischen
ISBN 978-3-498-04397-1 fest geb. : ATS 307,00 / Eur 22,30
DR.D - Signatur: DR.D Mol - Belletristik