Annotation: Aus Evies kaputter Rippe schnitzt sie sich - zunächst als Trost - einen Drachen. Er erwacht jede Nacht und versucht zuerst Evie aus ihrer Trauer und Lethargie zu reißen, hilft ihr, ihre tiefen, seelischen Wunden zu heilen. Doch letztendlich will er Vergeltung für das, was Evie angetan wurde. Und er verschafft sie ihr. Rezension: Lassen Sie sich nicht vom Titel des Buches in die Irre leiten. Mit einer netten Drachengeschichte hat dies nämlich rein gar nichts zu tun. Schon der zweite Blick auf das Cover irritiert. Ein Drache, ja, aber wieso ist er in Formaldehyd eingelegt? Die 14-jährige Evie hat nach jahrelangen Misshandlungen endlich ein richtiges Zuhause gefunden. Die verschwiegene, gebrochene Rippe muss sie durch eine Operation entfernen lassen. Da das Mädchen noch immer an den traumatischen Ereignissen ihrer frühen Kindheit leidet und eine Vergeltung für die Täter unwahrscheinlich scheint, erschafft sie sich aus dieser Rippe einen (imaginären?) Freund. Onkel Ben und sie schnitzen daraus eine Drachenfigur, die Nacht für Nacht zum Leben erwacht. Und der Drache will Rache für Evie. Ein ungewöhnliches Buch. Ein verstörendes Buch. Ein Buch, das einen nicht mehr so schnell loslässt. Wieso? Zum einen ist Alexia Casale mit ihrem Debutroman die reizvolle Mischung aus realer Problematik und phantastischen Elementen gelungen. Zum anderen überzeugt sie mit ihrer Sprache. Stimmige familiäre Alltagsszenen wechseln sich ab mit typischen Teenagergesprächen und immer wieder eingeschobenen, traumsequenzartigen Passagen, die in ihrer Dichtheit und Sprachgewalt sehr poetisch anmuten. äMich erfüllt eine so tiefe Freude, dass ich mich leicht fühle, frei und wild wie die mich umgebende Nacht. Im Dunkeln entfallen alle Beschränkungen und Grenzen: Ich verströme mich in die Weite der Nacht, wachse in die Breite, gewinne an Kraft.ô Dass diese Sprache auch im Deutschen ihre Wirkung entfalten kann, liegt vor allem an dem kongenialen Übersetzer (und Schriftsteller) Henning Ahrens. Vielleicht sollte man diesen Roman gerade da einsetzen, wo man es auf den ersten Blick eher nicht tun möchte, aufgrund der möglicherweise pädagogischen Bedenken. Ein Buch, das mehr oder weniger die Selbstjustiz verteidigt, scheint in erster Linie nicht für die Schule geeignet. Es bietet aber vielleicht gerade deshalb eine gute Basis für rege Diskussionen über Rache und Vergeltung. Ein Thema, das Jugendliche mit großer Wahrscheinlichkeit sehr wohl interessieren wird.
Rezension
Personen: Casale, Alexia Ahrens, Henning
Casale, Alexia:
¬Die¬ Nacht gehört dem Drachen / Alexia Casale. Aus dem Engl. von Henning Ahrens. - Hamburg : Carlsen, 2013. - 315 S.
ISBN 978-3-551-58310-9 fest geb. : ca. EUR 15,40
JE.J - Signatur: DR.JF Cas - Kinder- und Jugendbü