Anfangs, auf dem Vorsatz, ist da nichts als ein friedliches Neben- und Miteinander. Eine Seite weiter auf dem Innentitel ziehen Menschen mit Fahnen vorbei, unter den Leuten auf den Straßen herrschen von einen Moment auf den anderen Aufregung und Zwist. Und noch bevor der Text des Bilderbuches einsetzt, legen die Ersten Rüstungen an, schlüpfen in schwere Stiefel. Aus einem großen Ganzen sind plötzlich zwei Parteien entstanden, dargestellt auf durchgängig weißem Hintergrund, die einen in blauer, die anderen in roter Kleidung. „Und dann rückten sie vor. Von einer Seite kamen die Blauröcke, von der anderen Seite die Rotröcke. Die Feldherren standen auf zwei Hügeln und riefen laut in den Wind. Vorwärts! Rückwärts! Hinauf! Hinunter! Nach links! Nach rechts!“ Wenn Heinz Janisch und Aljoscha Blau zusammenarbeiten, entstehen eindrucksvolle, tiefgründige -Bilderbücher, das haben sie mit „Rote Wangen“ (Aufbau 2005) oder „Das Kopftuch meiner Großmutter“ (Bajazzo 2008) bewiesen. Mit „Die Schlacht von Karlwatsch“ zeigen die beiden Künstler erneut eine imponierende Bild-Text-Symbiose: Heinz Janisch spricht in deutlichen Worten von Kampf und Krieg und deren Sinnlosigkeit, jedoch ohne dabei auf seine gewohnt poetisch-stimmigen Metaphern zu verzichten. Während Aljoscha Blau mit Gouache arbeitet, Schicht für Schicht Rot- und Blautöne aufträgt, diese mit Steingrau kombiniert und so eigenwillige Strukturen schafft. Gemeinsam zeigen sie die tiefe Verzweiflung und Brutalität, das ganze Gewicht dieser Auseinandersetzung, um es letztendlich bewundernswert in Leichtigkeit umzuwandeln. Denn während der Schlacht von Karlawatsch schleudern sich die Kämpfenden nicht nur die als Waffen genutzten Hüte und Knöpfe ihrer Rüstungen entgegen. „Mit einem Mal — fast gleichzeitig — flogen Jacken und Hosen durch die Luft, ein heilloses Durcheinander, ein blauroter Stoffwirbel, der lange kein Ende nahm.“ Als würde der Hauch eines melodischen Protestsongs à la Mono und Nikitamans „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ über das Schlachtfeld tönen, beginnen die Soldaten sich mehr und mehr ihrer Kriegskleidung zu entledigen. Aus der anfangs so drastisch inszenierten Aufrüstung wird eine Abrüstung bis auf die Unterwäsche. Aus anonymen Soldaten werden Männer mit Gesichtern, Männer, die sich etwas zu erzählen haben, hungrige Männer, die sich gemeinsam um einen Tisch versammeln. Nur die Feldherren bleiben als steinerne Denkmäler zurück. Sie werden weiterhin, verstummt aber standhaft, den öffentlichen Raum „schmücken“, um der berühmten Schlacht von Karlawatsch zu gedenken, jener Schlacht mit den Männern in Unterhosen.
Personen: Janisch, Heinz Blau, Aljoscha
Leseror. Aufstellung: Öffentliche Bücherei
JD.D
SCHLA
¬Die¬ Schlacht von Karlawatsch / Heinz Janisch ; Aljoscha Blau. - Zürich : Atlantis, 2018. - 32 S. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7152-0735-3 fest gebunden; 20,60€
JD.D - Buch: Kinder/Jugend