Die Begegnung mit einem jungen Schriftsteller bedeutet den Wendepunkt im Leben einer Frau, die seit über 30 Jahren auf die Rückkehr ihres Geliebten wartet. (DR) Die zwei Protagonisten dieses Romans sind der junge Ich-Erzähler aus Leningrad, der in einem entlegenen Dorf am Weißen Meer Nachforschungen zu alten Gesängen und Traditionen anstellen will, und die 46-jährige Grundschullehrerin Vera. Ihr Lebensinhalt ist das Warten auf den geliebten Mann, der vor 30 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Neben dem Unterricht kümmert sie sich um einsame alte Frauen, fast die letzten Menschen, die in jenem Dorf noch leben. Veras mysteriöses Dasein zieht den Schriftsteller immer mehr in seinen Bann, wird geradezu zu einer amourösen Obsession. Er stellt ihr nach, beobachtet sie heimlich und versucht, diverse Gerüchte über ihre angeblichen Affären zu bestätigen. Die sexuelle Begegnung zwischen den beiden gibt Vera offensichtlich die Kraft, sich der Wahrheit zu stellen: Ihr Geliebter ist nicht verschollen, sondern bloß nicht zu ihr zurückgekehrt. Dieses neue Wissen macht sie nunmehr frei für eigene Entscheidungen. Das kaum 200 Seiten starke Buch mit dem melancholischen Text lebt von der Spannung zwischen völlig unterschiedlichen Realitäten. Hat der Schriftsteller in Leningrad die freie Liebe in Form ausgelebter Sexualität erlebt, so sieht er in Veras unbedingter Treue zu einem Abwesenden die höchste Form der idealen Liebe. Ist er mit seinen kaum mehr als 20 Jahren ein Suchender nach seiner Bestimmung, so hat die reife Frau den Sinn ihres Lebens bereits gefunden, auch wenn dies nur ein Trugbild ist. Auch das soziale Umfeld des Schriftstellers - die Intellektuellen Leningrads - werden den derben Bauern und Arbeitern auf dem Land gegenübergestellt. Der bildhaft poetische Roman ist ein sinnliches Lesevergnügen und besonders gut für länger werdende Abende geeignet. Empfehlenswert! *bn* Doris Göldner

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Rezension

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Personen: Makine, Andreï