Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Lukas Schmuckermair; Gesammelte Artikel, Essays und Kolumnen des angesehenen Journalisten. (GP) Paul Lendvai ist den meisten ÖsterreicherInnen als Leiter und Moderator des ORF-Europastudios bekannt. Der vorliegende Band enthält vor allem seine wöchentlichen Kolumnen in der Tageszeitung "Der Standard", aber auch andere Essays und Artikel zum Beispiel aus der von ihm herausgegebenen "Europäischen Rundschau". In diesen beschäftigt er sich mit gewohnter Weitsicht und Vernunft nicht nur mit den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Österreich, Deutschland und in der EU. Lendvai beeindruckt auch mit ungemein breitem Faktenwissen über politische Verhältnisse und historische Entwicklungen in vielen Krisenregionen der Erde, die von seinen Journalistenkollegen und in der Folge von der Öffentlichkeit nur allzu gerne übersehen werden wie z.B. Osteuropa, der Balkan und Russland. Charakteristikum seiner Analysen ist aber neben der Fülle an Informationen vor allem der sachliche und betont unaufgeregte Stil. Spitze Aussagen und provokante Formulierungen sind Lendvais Sache nicht. Die Sammlung und Ordnung der Aufsätze nach Themenschwerpunkten macht Sinn, weil dadurch sichtbar wird, wie konsequent und regelmäßig der Autor seinen objektiven Blick auf die verschiedenen Teile Europas und der Welt richtet und die Entwicklungen dort verfolgt. Für politisch interessierte Leser daher auch eine sinnvolle Ergänzung zum Zeitungsabonnement. ---- Quelle: SCHRIFT/zeichen; Autor: Peter Pawlowsky; Paul Lendvai ist kein Unbekannter. Aus dem Ungarnflüchtling von 1957 ist einer der prominentesten Journalisten Österreichs geworden, der sich nicht scheut, seine kritische Liebe zu Österreich zu bekennen. Unbekannt sind auch die Texte nicht, die der neue Band sammelt: Es sind Essays, die in der Frankfurter Allgemeinen, in der Neuen Zürcher Zeitung und im Standard in den letzten Jahren erschienen sind. Sie sind nicht unbekannt, waren aber in ihrer Fülle unzugänglich. Jetzt kann man erst in aller Deutlichkeit wahrnehmen, wie eine konsequente Denkweise durch diese Texte offenbar wird. Obwohl anlassbezogen, besteht die Qualität jenseits der Anlässe. Hier wird immer über den Horizont des Tages hinaus gedacht, und so fügt sich vor den Augen des Lesers aus vielen Mosaiksteinen das Bild einer demokratischen, humanistischen, politischen Weltanschauung zusammen. Dazu kommt Lendvais mehrfache Identität: Als Ungar, Österreicher, Jude und Europäer, wie er sich selbst definiert, hat er auch mehrfache Sprachkenntnisse und ein intimes Wissen politischer und sozialer Vorgänge insbesondere in Osteuropa. Was man an Durchblicken gewinnt, hat zudem eine besondere Anschaulichkeit. Denn Lendvai beschränkt sich nicht auf die Darstellung von Vorgängen, sondern macht sich die genaue Darstellung der handelnden Personen zur Aufgabe. Es zeigt sich, was man beim Lesen der Tagespresse oft vergisst: Es sind immer die Menschen, die Politik machen, auch wenn sie sich häufig auf unausweichliche Sachzwänge ausreden.
Rezension
Personen: Lendvai, Paul
Lendvai, Paul:
Reflexionen eines kritischen Europäers / Paul Lendvai. - Wien : Kremayr & Scheriau, 2005. - 221 S.
ISBN 978-3-218-00758-0
Geschichte - Signatur: GE Len - Buch