Anschauliche Abhandlung über Entstehung und Verbreitung des Napoleon-Mythos. (GE) Im kommenden Jahr wird sich nicht nur Frankreich an den 1821 in der Verbannung auf St. Helena verstorbenen Napoleon Bonaparte erinnern. Das Buch des deutschen Publizisten Johannes Willms kann dazu interessante Anregungen beisteuern. Der Autor erläutert darin, wie die Faszination, die dieser Emporkömmling zu Lebzeiten und nach seinem Tod ausstrahlte, entstanden ist. Er geht dabei in drei Schritten vor. Zunächst ergründet er, wie es Bonaparte als Oberbefehlshaber der französischen Truppen in Italien gelang, seinen eigenen Mythos zu entwickeln. Durch kluge Kriegskommunikation schaffte er es, die Siege in den Schlachten zu nutzen und sich als Heros zu inszenieren. Diesen Mythos nutzte er als Politiker aus, wobei er vor diplomatischen Doppelspielereien nicht zurückschreckte. In einem zweiten Schritt zeigt Willms, wie es dem entmachteten Napoleon auf St. Helena mit Hilfe von publizistischen Begleitern gelang, ein - unrichtiges - Bild als Verbreiter liberaler Staatsordnungen in Europa zu konstruieren. Diese unwahre Heilsgeschichte lieferte die Grundlage für die Verklärung des gestürzten Kaisers. Welche Auswirkung dieses Bild Napoleons für das 19. Jahrhundert und darüber hinaus hatte, veranschaulicht Willms im dritten Teil seines Buches. Die Untersuchung bietet prägnant formulierte Thesen und spannende Überlegungen, jedoch ufern die Details an etlichen Stellen aus. Das passiert vor allem im letzten Teil des Buches, wo Einzelheiten bei der Exhumierung Napoleons oder die Pannen bei der Rückführung seiner sterblichen Überreste sehr breit ausgeführt werden. Ein aufschlussreiches Buch, das jedoch an einigen Stellen Straffungen vertragen hätte.[Verlagstext]
Personen: Willms, Johannes
Willms, Johannes:
¬Der¬ Mythos Napoleon : Verheißung, Verbannung, Verklärung / Johannes Willms. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2020. - 382 S.
ISBN 978-3-608-96371-7 fest geb. : EUR 26,80
Biografien - Historische Personen - Signatur: GE.Q Will - Buch