Ein Schriftsteller wächst in einer ganz und gar untypischen amerikanischen Familie und Umgebung auf. (DR) Adam, geboren 1941, ist das »Ein und Alles« seiner Mutter Rachel, genannt »Ray«. Sie, die begeisterte Skifahrerin und Skilehrerin, wird mit 19 schwanger und zieht das Kind, ohne den Vater bekanntzugeben, alleine auf. Der überaus geliebte Sohn steht im Zentrum einer äußerst ungewöhnlichen Familie: Der Großvater hat nach der Verkündigung von Rays Schwangerschaft zu sprechen aufgehört und wird zunehmend dement. Seine Mutter lässt Adam in der Skisaison bei seiner Großmutter zurück, einer gutmütigen Frau, die Melville und der Literatur verfallen ist. In diesem Umfeld finden sich noch missgünstige und homophobe Tanten und überaus skurrile Onkel. Adams Mutter wiederum lebt eigentlich mit ihrer Freundin zusammen und heiratet pro forma einen sehr kleinen, aber gutaussehenden, belesenen und lebensklugen Literaturlehrer, der nicht das ist, was er zunächst scheint. Adams Lieblingscousine ist Männern abgeneigt; ihre Lebens- und Arbeitspartnerin ist Pantomimin und Autorin. Eine Fülle an absurden und bizarren Erlebnissen begleitet das Aufwachsen von Adam; seine sexuelle Entwicklung und sein Werdegang zum erfolgreichen Schriftsteller werden über Jahrzehnte begleitet und freimütig von seiner Familie kommentiert. Überdies können Adam und auch andere Gespenster sehen, was schließlich ein Familiengeheimnis zum Vorschein bringt. Seiner Entstehungsgeschichte und seinem Vater kommt Adam ebenfalls auf die Spur. Parallel dazu bietet der Roman ein Panorama amerikanischer Zeit- und Mentalitätsgeschichte über mehrere Jahrzehnte, speziell aus der LGBT-Perspektive. Besonders die katholische Kirche und Ronald Reagan bekommen für ihre Einstellung zu AIDS ihr Fett ab. Eingefleischte Irving-Fans finden viele autobiografische und innerliterarische Bezüge. Etliche Typen aus dem reichhaltigen Personal des mittlerweile 80-jährigen Bestsellerautors treten auf. Leider wiederholt sich so manches, es gibt einige Längen und irgendwie verläuft sich das Ende. Was die Lektüre etwas anstrengend macht, ist, dass ca. 140 Seiten des knapp über 1000seitigen Romans in Drehbuchform geschrieben sind. Für Irving-Fans vermutlich ein Muss, Einsteigern sind frühere Werke des Autors empfohlen.
Personen: Irving, John Kroll, Anna-Nina Torberg, Peter
DR.G Irvin
Irving, John:
Der letzte Sessellift : Roman / John Irving ; aus dem Amerikanischen von Anna-Nina Kroll und Peter Torberg. - Zürich : Diogenes, 2023. - 1079 Seiten
ISBN 978-3-257-07222-8 Festeinband : EUR 37,10 (AT)
Gesellschafts-, Liebes- und Eheromane - Buch