Im Mann ohne Eigenschaften passiert nur wenig. Aber es wird unendlich viel gedacht im Buch, und am Ende wird sogar noch intensiv gefühlt: In der Geschwisterliebe Ulrichs zu Agathe realisiert sich die Utopie eines "anderen Zustands" jenseits der absurden Welt. Hierfür findet der Mann ohne Eigenschaften dann poetisch präzise Bilder ohne intellektuelle Schwere, so in meinem Lieblingskapitel Atemzüge eines Sommertags: "Die Sonne war unterdessen höher gestiegen, die Stühle hatten sie wie gestrandete Boote in dem flachen Schatten beim Haus zurückgelassen. Ein geräuschloser Strom glanzlosen Blütenschnees schwebte, von einer abgeblühten Baumgruppe kommend, durch den Sonnenschein; und der Atem, der ihn trug, war so sanft, daß sich kein Blatt regte. Kein Schatten fiel davon auf das Grün des Rasens, aber dieses schien sich von innen zu verdunkeln wie ein Auge". Gäbe es nur diese wunderschöne Stelle, so hätte sich die Lektüre der weit über 1000 vorangegangenen Seiten schon gelohnt. --Thomas Köster
Personen: Musil, Robert
DR.AO Musil
Musil, Robert:
Der Mann ohne Eigenschaften / Robert Musil
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