Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Sabine Krutter; Der Schein trügt nicht nur zur Faschingszeit. (DR) Man trifft sich wieder im Salzkammergut - diesmal im Winter. Daniel Käfer, ehemaliger Erfolgsredakteur ohne feste Anstellung, verbringt mit seiner Freundin Sabine ein paar Tage im gastfreundlichen Haus der Schlömmers, um an seinem Buchprojekt zu arbeiten und das Faschingstreiben der Gegend kennen zu lernen. Binnen kürzester Zeit scheint sein Leben eine neue Wendung zu bekommen: Sein ehemaliger Studienkollege Bruno Puntigam nimmt ihm zwar den Dachsteinblick vor dem Zimmer (der traut sich was!), eröffnet ihm aber eine atemberaubende berufliche Perspektive. Käfer ist naturgemäß skeptisch, dennoch hoch motiviert. So ein Angebot aus der Scheinwelt der Medien mitten in den Faschingstagen, das muss ja einen tieferen Sinn haben. Diese Faschingsbräuche im Salzkammergut haben es überhaupt in sich: geheimnisvolle Faschingsbriefe, Trommelweiber, die alles sein dürfen, nur nicht weiblich, Maschkera in den Wirtshäusern Seine Ente fährt Käfer zu Schrott, dafür lernt er neue Freunde kennen: das Ehepaar Sepp und Christine Köberl, die eine Original-Graphik von Herzmanovsky-Orlando daheim hängen haben - auf dem stillen Örtchen(!). Davon abgesehen scheint die Familie des Heimatforschers eine Menge tatsächlicher Probleme zu haben, und Käfer will helfen Komarek zeigt sich wieder in Höchstform, wie gewohnt transportiert er mit dem unterhaltsamen Plot auch allerhand regional-historisches Wissen. Auch im dritten Teil seiner Käfer-Romane setzt der Autor auf die Kraft und den Witz seiner Dialoge, wobei man sich schon wundern darf, wie sein Protagonist es schafft, immer wieder auf solch eloquente und schlagfertige Leute zu treffen. Ein vergnüglicher Angriff auf Business-Dampfplauderer und ein Plädoyer für scheinbar verkrachte Existenzen, Zauderer, schrullige greise Damen und wortkarge Eigenbrötler. Und das "Salzkammergut als Schauplatz allernobelster Vertrottelung" (S. 57) scheint wie geschaffen für dieses Stelldichein. ---- Quelle: Pool Feuilleton; Der dritte "Käfer-Roman", nach "Die Villen der Frau Hüsch" und "Die Schattenuhr", wendet sich dem Narrentreiben im Ausseer Land zu. Alfred Komareks Käfer-Kosmos entfaltet sich zwischen Frost, Schnaps, Erotik und hüpfendem Zeitvertreib zu einem grotesken Provinzialismus. Eine durchgängige Geschichte ist mehr oder weniger zufällig vorhanden, aber die Handlungsabläufe sind vor allem im Faschingstreiben am Lande ziemlich nebensächlich. Daniel Käfer ist seit seinem Rausschmiss aus der Intelligenzzeitung IQ immer noch bodenlos und fassungslos mit sich selbst unterwegs. Jetzt probiert er es als Sachbuchautor und macht sich mit seiner Freundin Sabine auf, das Ausseerland in Wort und Bild zu dokumentieren. Erster Höhepunkt ist eine Gerade, die zu schnellem Fahren verleitet. "Käfer fuhr auf einem annähernd geraden Straßenstück unwillkürlich schneller, als es seine Art war." (35) - Bums, die Ente fetzt ins Gelände und ist schwer beschädigt, Käfer muss sich einen Leihwagen nehmen. Den zweiten Höhepunkt liefert ein Paar, welches im Vollrausch halböffentlich Kamasutra-Stellungen ausprobiert. Von diesen verrenkten Stellungen ist es nicht mehr weit bis zum Umzug der Narren, Fetzen und Flinserln, wie in dieser Gegend die verkleideten Alltagskünstler genannt werden. Und der Held selbst recherchiert in den alten Brauchtumsritualen herum, lässt sich beduseln, will eine Frau vor einem scheinbar falschen Liebhaber retten und wird am Schluss von seinen Auftraggebern für das Buch verhöhnt. Dazwischen liegen säuselnde Gespräche, worin alte Geschichten für den Narrentanz neu aufgemischt werden, einmal sausen zwei besoffene Rodler über eine Schanze und hauen sich den Hintern an, und hinter den Masken ist ohnehin immer jemand anderer. Alfred Komarek schickt seinen Helden Käfer wieder einmal gekonnt in einen Brei voller Provinz, Romantik und Geschmuse, das man durchaus für das leibhaftig gewordene Gesülze einer provinziellen bürgerlichen Regierung halten kann. Alles ist letztlich skurril, fein und grotesk herausgeputzt. Nicht umsonst liegt dem ganzen Roman die Aura des schrägen Genies Herzmanovsky-Orlando zu Grunde, sein Meisterwerk "Befruchtung durch das Ohr" hängt standesgemäß an einem Klo. Narrenwinter verrät viel von einem ausgelassen dumpfen Österreich, wie es sich so um 2005 herum wahnsinnig geworden durch den Winter schlängelt. Helmuth Schönauer
Rezension
Personen: Komarek, Alfred
Komarek, Alfred:
Narrenwinter : Roman / Alfred Komarek. - Innsbruck : Haymon, 2006. - 199 S.
ISBN 978-3-85218-510-1
Romane, Erzählungen, Novellen (dt.) - Signatur: DR Kom - Buch