Großmutter, Mutter und Tochter. Drei Generationen. Drei Reaktionen, als plötzlich eine fremde ältere Frau vor der Tür des Hauses steht und erzählt, dass sie früher hier gewohnt habe. Früher, bevor jüdische Familien aus ihren Häusern vertrieben und in Konzentrationslager verschleppt wurden. Verdrängtes schlechtes Gewissen, indifferente Schuldgefühle, Angst, dass einem etwas weggenommen wird und alte Wunden aufbrechen könnten, machen Großmutters darauf folgende ungewohnte Aggressivität nachvollziehbar, aber nicht besser. Die Enkelin Lena setzt sich nun erstmals näher mit den Themen Faschismus und Arisierung auseinander und wird Schritt für Schritt für aktuelles und vergangenes Unrecht sensibilisiert. Der Text findet viele Berührungspunkte zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die die Zeitebenen verbinden: Der Kosovokrieg, mit dem Lena durch eine neue Mitschülerin konfrontiert wird oder die Frage nach universalem Rassismus und Vorurteilen. Alle drei Frauen versuchen letztendlich auf ihre Art, alten Geschichten nachzugehen, Wurzeln zu suchen – und finden erst sehr spät zurück zu einem gemeinsamen Gespräch. Lena selbst befindet sich zu diesem Zeitpunkt mitten im Diskurs über vererbbare Schuld, nationale Identität und der Frage nach couragiertem Verhalten. Durch die kritische Auseinandersetzung und den vielschichtigen Zugang eignet sich das Buch besonders gut, um Jugendliche auf historische Zusammenhänge, die in die Gegenwart ineinwirken, aufmerksam zu machen.
Personen: Welsh, Renate
Historisches
Welsh
Welsh, Renate:
Besuch aus der Vergangenheit / Renate Welsh. - Würzburg : Arena, 2001. - 140 S.
ISBN 978-3-401-02702-9 kt. : ÖS 87,- / € 6,10
Historisches - Buch