Es gibt so Gegenden, die kriegen keinen hoch und sind mit nichts hochzukriegen. Keine Landesausstellung und kein Marshallplan vermögen zu helfen. In diesen Gegenden kann man nur einen Krimi spielen lassen. Hüttenberg ist so ein Fall. Wilhelm Kuehs nimmt die tapfere Aufgabe auf sich, dieser kaputten Kärntner Gegend rund um Hüttenberg mit einem Krimi wenigstens stundenweise auf die Sprünge zu helfen. Zu diesem Zweck bedient er sich eines minimalistischen Personensets und einer aus allen Hirnfugen geplatzten Landesregierung. In einer Welt voller dubioser Regierungsgestalten müssen die Figuren gut ausschauen und einen klingenden Namen haben. Ernesto Valenti steigt als Protagonist der Aufklärung nur widerwillig aus der Hängematte. Er arbeitet als Journalist gerade sein Burnout ab, als man ihn verständigt, dass im Lama-Zentrum Hüttenberg ein tibetanischer Mönch abgestürzt und zu Tode gekommen sei. Aus dem toten Mönch wird schlagartig ein Kriminalfall, als mit dem Journalisten zeitgleich der Pressesprecher des Landeshauptmanns am Unglücksort eintrifft und von einem Unfall spricht. Merke, in Kärnten stimmt immer das Gegenteil von dem, was die Landesregierung sagt. Der Journalist verfasst in der Folge mehrere Artikel für die breite Leserfläche, worin er die Skandale rund um das tibetanische Zentrum in Hüttenberg aufrollt. Mysteriöser Tod in Hüttenberg (46) / Königsrufen in Hüttenberg (113) / Das dunkle Geheimnis des Dalai Lama (154) / Das magische System des Lamas (262) lauten die Aufmacher jener Artikel, die den Fall jeweils für die Bevölkerung erschließen. Die Artikel sind vor allem eins: dünn, aber für eine dümmliche Bevölkerung genügt es. Der Fall selbst rollt sich vom toten Mönch, über eine geile Pfarrersköchin, einem russischen Zuhälter und diffusen Financiers direkt ins Zentrum der Landesregierung. Nachdem bereits die Ausstellung "Grubenhunt und Ofensau" danebengegangen ist, soll jetzt auch die geheimnisvolle Tibet-Universität des Dalai Lama wieder abgezogen werden. Beides sind Prestigeprojekte, die im eigenen finanziellen Desaster absaufen. Angesichts dieser Landesschweinereien ist es nahezu egal, wie die Geschichte um den toten Mönch ausgeht. Wilhelm Kuehs entwickelt mit dem "letzten Rock" das Genre des provinziellen Aufklärungsromans. Die grotesken Ereignisse entstehen letztlich durch pures Beobachten der Lage im Land. Die Kärntner nämlich führen den Krimi zuerst realiter auf, ehe sich daraus ein Provinzkrimi in gedruckter Form ableiten lässt. - Grandios sumsig und dem Motto "Lei losn" verpflichtet. Helmuth Schönauer
Personen: Kuehs, Wilhelm
Kuehs, Wilhelm:
Der letzte Rock hat keine Taschen : ein Kärnten-Krimi / Wilhelm Kuehs. - Orig.-Ausg., 1. Aufl. - Innsbruck [u.a.] : Haymon-Verl., 2015. - 301 S.
ISBN 978-3-7099-7804-7 : ca. EUR 12,95
Kriminalromane - Signatur: DR.D Kuehs - Buch