Annotation: Fünf Klassenkameraden sind nach einer Explosion in der U-Bahn unter der Erde gefangen. Unklar bleibt, ob es ein Anschlag war, und ebenso offen bleibt, ob sie gerettet werden. Der Roman changiert zwischen Realismus und Surrealismus und betont die Einsamkeit der Protagonisten, die in dieser existenziell bedrohlichen Situation kaum zueinander finden. Rezension: Oslo. U-Bahn. Explosion. Die einzigen Überlebenden sind Sherpa, Anjo, Bruno, Ida und Albert. Was war das? Ein Anschlag? Von der Außenwelt abgeschnitten, entsteht zwischen den fünf, die zwar in eine Klasse gehen, aber wenig voneinander wissen, eine eigenartige Nähe: Obwohl jeder mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt ist, die nun in der Tiefe hervorkommen, eint sie die Vereinzelung. Die polyperspektivische Erzählweise betont diese Fragmentierung, und obwohl die Figuren für die LeserInnen so eine Biografie bekommen, bleiben sie füreinander schemenhaft. Diese Abstraktion stützt die parabolische Ebene des Romans. Denn er entwirft zwar ein Katastrophenszenario und triggert alle neuralgischen Punkte des Nach-9/11-Menschen. Doch als der U-Bahn-Schacht zum Hades mit Styx und Charon wird, öffnet sich der Text mehr und mehr ins Symbolische. Koppelt er Furcht zunächst u. a. an die Angst vor dem Terror, entfernt er sich von diesen konkreten Bezügen und hinterfragt so raffiniert nicht nur Geistes- und Erwartungshaltungen in Zeiten wie diesen, sondern es gelingt ihm auch, Spannung mit aktueller Brisanz und Allgemeingültigkeit zu verknüpfen: Die Figuren sind gerade dank ihrer Individualität ein Jedermann, ihre ganz eigenen Ängste sind Ausdruck kollektiver Urängste. Der Roman ist also viel mehr als der schnöde Thriller, als der er von seinem deutschen Verlag angepriesen wird – Eegs Buch ist eine Parabel in postmoderner Ästhetik mit gesellschaftspolitischer und existenzieller Dimension. Sollte nun jemand „unlesbar für die Jugend“ murmeln – stopp: Aufschlagen, loslesen. Und merken: Eeg kann furios mit Sprache umgehen. Auch wenn die deutsche Übersetzung ein wenig an Drive verloren hat, sieht man sofort, dass Eeg ein Händchen für Slang, popkulturelle Zitate, Rhythmus, Tempo und ganz besonders für unverbrauchte Bilder hat: Der Mann „schluckt, als hätte er nicht nur eine haarige Kokosnuss im Hals, sondern einen ganzen Affen dazu, der die Kokosnuss nicht loslassen will.“ Eine solche Bildhaftigkeit verleiht dem vielschichtigen Roman nicht nur Sinnlichkeit und Literarizität, sondern gibt ihm auch eine gehörige Portion flirrende Lässigkeit mit.
Personen: Eeg, Harald Rosenløw Hildebrandt, Christel
Eeg, Harald Rosenløw:
Aber raus bist du noch lange nicht : Thriller / Harald Rosenløw Eeg. Aus dem Norweg. von Christel Hildebrandt. - Hildesheim : Gerstenberg, 2014. - 271 S.
ISBN 978-3-8369-5720-5 fest geb. : ca. € 14,95
Romane und Erzählungen für Jugendliche ab 12 Jahre - Signatur: Eeg H - Buch