„Sehr geehrte Schwester, hiermit entschuldige ich mich ausdrücklich dafür, dass ich dich beim Abendessen als meine Fußfessel bezeichnet habe. Mit freundlichen Grüßen, Bruder.“ Nein, wirklich freundlich ist er nicht, dieser Bruder, und er bleibt lange auf förmlich-frustrierter Distanz, das macht er seiner viel jüngeren Schwester und den Eltern oder „Wärtern“, wie er sie nennt, auch unumwunden klar. Und trotzdem ist es ein Genuss, ihn und seine Hassliebe in diesem Briefroman über zehn Jahre hinweg zu verfolgen, seine allmähliche Wandlung vom wütenden Achtjährigen, der in krakeliger Schrift seine ersten Ablehnungsbescheide verfasst und dazu Bilder eines kreischenden Babys malt, hin zum Teenager, der die beharrliche Bewunderung der kleinen Schwester ebenso beharrlich übersieht und ihr dennoch im Lauf der Jahre ihr Lieblingsbilderbuch gefühlte 783 Mal vorliest, bis zum 18-Jährigen, der sich am Ende doch zu einer warmherzigen Liebeserklärung hinreißen lässt. Das mag dann auch erwachsene Brüder oder Schwestern nostalgisch verzücken, kann aber ebenso Zehnjährige begeistern, nicht zuletzt durch die äußerst gelungene formale Umsetzung. Der knappe, pointierte Text besteht aus handschriftlich verfassten Briefen, dazu kommen kindlich anmutende Zeichnungen und Artefakte (wie z.B. ein selbstgebastelter Gutschein für einen Baumhaus-Besuch) – all das grundiert und kombiniert Illustrator Joe Bluhm gekonnt mit Stimmungsbildern in Schwarz-Weiß-Blau aus dem familiären und geschwisterlichen Alltagsleben. Erzählt wird mindestens gleichwertig, wenn nicht gar überwiegend in Bildern, was im Kinderbuchbereich (vor allem im Altersbereich 10plus) ja immer noch die Ausnahme ist und also auch ein Angebot für weniger geübte Leser*innen.

Altersempfehlung: ab 8 Jahren.

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Personen: McGhee, Alison Bluhm, Joe Köller, Kathrin