Es ist Sommer 1988. Anja Sander misst den aufmüpfigen Ansichten ihrer Mutter wenig Bedeutung bei und ihre ständigen Eingaben und Plakatdemos findet sie eher peinlich. Bis eines Tages die Staatssicherheitspolizei vor der Tür steht und ihre Mutter mitnimmt. Das 14-jährige Mädchen darf jedoch nicht zu ihren Verwandten, sondern es kommt in ein Erziehungsheim, denn von nun an wird der Staat das vollenden, was der Mutter augenscheinlich nicht gelang: Anja zu einer "allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeit als vollwertiges Mitglied des sozialistischen Kollektivs" umzuerziehen. Das sollen die Erzieher vollbringen, und sie tun es konsequent mit Drill, Gewalt, Arbeit und Sport bis zum Umfallen. Anja ist geschockt von der Willkür der Erwachsenen und der Brutalität der Mädchen untereinander. Sie kann nicht verstehen, warum sie in dem Erziehungsheim ist, weggesperrt, sie hat doch nichts verbrochen! Da hilft nur eines: Flucht! Anja kann ein paar Wochen bei ihren Verwandten verbringen, doch letztlich wird sie entdeckt und in die Anstalt zurückgebracht. Die Tortur beginnt aufs Neue, mit mehr Häme allerdings, denn sie ist ja eine "Entweicherin", bis Anja eines Tages durchdreht. Die Konsequenz ist die geschlossene Anstalt Torgau, ein Hochsicherheitsheim, nicht anders als ein Gefängnis, in der DDR jedoch ein absolutes Tabuthema. Anja ist klug genug, sich möglichst unauffällig zu verhalten, denn jetzt geht es wirklich ums körperliche Überleben. Ein Unfall verhilft ihr zu einer Krankenhausnächtigung, die einzige Chance zur Flucht und Anja nützt sie. Sie schließt sich einer Gruppe Jugendlicher an, die in einem Abrisshaus wohnt und an den Friedensgebeten und anschließenden Demos teilnimmt, die schließlich zur Öffnung der DDR im November 1989 führen. - Es ist ein schockierendes Buch, das die Autorin als Roman anlegt, mit frei erfundenen Personen, die verschiedenen Heime allerdings existierten wirklich in der DDR. Sie dienten dazu, unangepasste Kinder und Jugendliche auf Biegen und Brechen umzuerziehen. Dieses Buch stützt sich in erster Linie auf Berichte von Zeitzeugen und soll dazu beitragen, dass nicht vergessen wird, was dort geschah. - Beklemmend, jedoch vorbehaltlos empfehlenswert. *bn* Hertwiga Kröss
Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Personen: Poppe, Grit
Standort: Kinderb. ab 12
Poppe, Grit:
Weggesperrt : Roman / Grit Poppe. - Hamburg : Dressler, 2009. - 330 S.
ISBN 978-3-7915-1632-5 kart. : EUR 9.95
Erzählungen - Romane (ab 13 Jahre) - Signatur: 5.2 Popp - Buch