Mirabelle wächst in einer Familie auf, in der ihr Vater - nachdem er aus dem Bürgerkrieg zurückgekehrt ist - keinen Widerspruch duldet und sich alle seinen "Launen" fügen müssen. Er vergewaltigt ein Dienstmädchen und fordert deren Hinrichtung, als sie es wagt, die Tat zur Anzeige zu bringen. Mirabelle ist entsetzt, befreit die Magd und kann entkommen. Auf der Flucht tötet sie einen ihrer Verfolger und wird endgültig zum weiblichen Outlaw "Belle Starr".
Was sich wie Kolportage im Western-Gewand liest - das ist es auch! Nimmt man noch die sinnverstellende, betont flapsige deutsche Synchronisation hinzu, fragt man sich auf den ersten Blick: Warum sollte ich mir diesen Film anschauen? Zugegeben: "Mein Körper für ein Pokerspiel" dürfte eher Cineasten mit Sinn fürs Randständige ansprechen - aber vielleicht werden nicht nur sie sich angesichts dieser Wiederentdeckung amüsieren und staunen.
Hierzulande wurde "Mein Körper für ein Pokerspiel" durch das Internationale Frauen Film Festival Köln + Dortmund wiederentdeckt. Im Katalog heißt es:
"'Il mio corpo per un poker' gilt als der »einzige weiblich-feministische Spaghetti-Western« und ist Lina Wertmüller zufolge »ein Fall, wie er nicht zweimal vorkommt, ein Film aus dem Stegreif«. Seine Produktionsgeschichte folgt einem worst-case-Szenario: Nachdem der Regisseur das Team verlassen hat, ruft die Hauptdarstellerin die befreundete Regisseurin ans Set nach Jugoslawien. Unter Pseudonym nimmt sie den Job an und versucht zu retten, was zu retten ist. Doch damit nicht genug: Auch der Hauptdarsteller sucht das Weite…
'Il mio corpo per un poker' ist ein beachtliches B-Movie mit einer etwas unstimmigen Rahmenhandlung, hastigen Zooms und einem obsessiven Gebrauch von Großaufnahmen seiner Heldin. Im Mittelpunkt steht Elsa Martinelli als Belle Starr, das sommersprossige Flintenweib mit langer, roter Mähne. Wunderbar ihre Auftritte im hautengen schwarzen Lederanzug mit Sombrero, Colt oder Zigarre. So gekleidet singt sie 'No Time for Love', reitet ihrer Bande in der Prärie voran und holt schießend die Freundin vom Galgen. (Es geht in diesem Film ganz zentral auch um sexuelle Gewalt, einen Moment lang sieht es sogar so aus, als würde auch das erzählerische Tabu des Vatermords gebrochen.)
Lina Wertmüller hat sich erst sehr spät zur Urheberschaft von 'Il mio corpo per un poker' bekannt."
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Lina Wertmüller (1928-2021) studierte von 1945 bis 1951 an der Accademia d’arte drammatica in Rom. Nach ihrem Abschluss gründete sie die Theatergruppe Harlequin, schrieb ihre ersten Stücke und ging auf Tournee. Zurück in Rom arbeitete sie als Journalistin, Schauspielerin, Autorin und Bühnenbildnerin. Zum Film kam sie durch ihre enge Freundschaft mit Marcello Mastroianni und dessen Frau Flora Carabella, die sie 1963 als Regieassistentin an das Set von Federico Fellini zu den Dreharbeiten von "Achteinhalb" brachte. Im selben Jahr entstand mit "Die Basilisken" 1963 der erste Film unter ihrer Regie. Ihren Durchbruch schaffte Wertmüller 1972 mit einer Serie von vier Filmen mit dem italienischen Schauspieler Giancarlo Giannini in der Hauptrolle. Der letzte Film dieser Serie, "Sieben Schönheiten" (1976), wurde für vier "Oscars" nominiert und war international erfolgreich. Dieser sowie weitere Filme wie "Liebe und Anarchie" (1973), "In einer Regennacht" (1978), "Camorra" (1986) und "Reich und gnadenlos" (1987) machten Lina Wertmüller auch hierzulande bekannt.
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Mein Körper für ein Pokerspiel
Musik: Charles Dumont; Drehbuch: Lina Wertmüller, Piero Cristofani; Kamera: Giovanni Carlo, Alessandro D'Eva; Schauspieler: Robert Woods, Francesca Righini, Bruno Corazzari, George Eastman, Vladimir Medar, Elsa Martinelli, Bruno Piergentili; Produktion: Oscar Righini; Regie: Lina Wertmüller, Piero Cristofani; Sound Design: Augusto Troiani; Montage: Renato Cinquini
Italien 1968; FSK 16; Sprachfassung: Deutsch; 1 Online-Ressource (99 min); Bild: 1,85:1 HD
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