Hüther, Gerald
Biologie der Angst: Weshalb gibt es, wozu dient und was bewirkt Angst? Neurobiologische Hintergründe und Auswirkungen psychoemotionaler Belastungen
Zeitschriftenartikel

Unsere Träume sind die einzigen Spielplätze, auf denen wir tun und lassen können, was uns gefällt. Am liebsten träumen wir von einem sorglosen Leben in der sicheren Geborgenheit einer Welt ohne Not und Angst. Wenn wir um uns schauen, ist dieser glückliche Traum vom stressfreien Leben schnell ausgeträumt. Familiäre Konflikte, unsichere Arbeitsplätze, Konkurrenz- und Leistungsdruck, Mobbing, Zukunftsangst, Orientierungslosigkeit und vieles mehr macht uns schwer zu schaffen. Verzweifelt suchen wir nach Lösungen, denn wenn wir die nicht finden, verlieren wir irgendwann den Halt und manchmal sogar die Fähigkeit, von einem Leben ohne Angst und Stress träumen zu können. Zu allen Zeiten und an allen Plätzen dieser Erde haben Menschen deshalb versucht, ihre Träume vom stressfreien Leben wahr werden zu lassen oder, wenn das nicht gelang, wenigstens an eine zukünftige, angstfreie, bessere Welt zu glauben. Da in der Vergangenheit schon genug Scharlatane mit ihren Ratschlägen für große Enttäuschungen gesorgt haben, glauben wir heute lieber an die objektiven, von Experten nachgewiesenen Tatsachen. Vor allem von den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Angst- und Stressforscher erhoffen viele Menschen heutzutage Wissen, das ihnen hilft, mit Angst und Stress umzugehen. Von ihnen haben sie erfahren, wie die Stressreaktion funktioniert: dass die Angst in bestimmten Regionen des Gehirns entsteht, dass dabei verschiedene Transmitter und Hormone vermehrt ausgeschüttet werden uhd vielfältige Wirkungen auslösen, dass die Anfälligkeit für Stress genetische Ursachen hat und durch ungünstige frühkindliche Entwicklungsbedingungen für den Rest des Lebens erhöht bleiben kann, und vor allem, dass Angst und Stress krank machen. Zu der alten Angst ist so inzwischen noch eine neue hinzugekommen: die Angst vor den Folgen von Angst und Stress. Die Wartezimmer von Psychologen und Psychiatern spiegeln das wider. Deren wichtigste Botschaft lautet: Um eine psychische Belastung ohne Schaden auszuhalten oder den von dieser Belastung ausgehenden Druck zu einer eigenen Veränderung nutzen zu können, muss diese Belastung als sinnvoll und die von ihr erzwungene Veränderung als notwendig und wünschenswert empfunden werden. Aber wann sind Angst und Stress sinnvoll? Und wozu sind solche Reaktionen notwendig? Die brauchbarsten Antworten auf diese Fragen kommen gegenwärtig aus der Systemtheorie, der Evolutionsforschung und der Neurobiologie.

Enthalten in:
rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen; 2008/4 Zeitschrift des Bundes katholischer Religionslehrervereinigungen (2008)


Serie / Reihe: rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen

Personen: Hüther, Gerald

Schlagwörter: Belastung Angst Streß Neurobiologie

Hüther, Gerald:
Biologie der Angst: Weshalb gibt es, wozu dient und was bewirkt Angst? : Neurobiologische Hintergründe und Auswirkungen psychoemotionaler Belastungen / Gerald Hüther, 2008. - S.201-206 - (rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen) Angst und Ängste

Zugangsnummer: U-0248003
Psychologie - Zeitschriftenartikel