"Kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben" (Ex 33,20) - das muss sich Mose von Gott sagen lassen, der doch "Auge in Auge" mit dem Herrn redete (Ex 33,11; Dtn 34,10). Das sollte uns vorsichtig werden lassen in unserer Rede von Gott, die manchmal allzu selbstsicher verkündet, wer und was und wie Gott ist. Die Bibel betont dagegen eine merkwürdige Spannung: Einerseits genießt Mose eine einzigartige Nähe zu Gott, die ihn schließlich auch befähigt, Gottes Weisung (die Tora) den Israeliten zu vermitteln. Andererseits ist Mose ein Mensch wie jeder andere, der Gott dann doch nicht schauen kann. Die Spannung setzt sich ins Neue Testament hinein fort, wo die johanneische Literatur betont: "Niemand hat Gott je gesehen" (Joh 1,18; 1Joh 4,12) - Jesus, der menschgewordene Logos, hat Kunde von Gott gebracht. Da aber Jesus für die Gläubigen nicht mehr sichtbar ist, empfiehlt der erste Johannesbrief die gegenseitige Liebe als zwischenmenschliche Verwirklichung dessen, was Gott ist: "Gott ist die Liebe" (1Joh 4,8).
Enthalten in:
rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen; 2010/5 Zeitschrift des Bundesverbandes der katholischen Religionslehrer und Religionslehrerinnen an Gymnasien e.V.
(2010)
Serie / Reihe: rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen
Personen: Hieke, Thomas
Hieke, Thomas:
Gott bin ich, nicht ein Mensch (Hos 11,9) : die metaphorische Rede von Gott in Hosea 11 / Thomas Hieke, 2010. - S.245-251 - (rhs-Religionsunterricht an höheren Schulen) Bibel und Bild
Religionswissenschaft - Zeitschriftenartikel