Vater-Tochter-Märchen. (DR) Graf Neville hat zwei Probleme: Sein geliebtes Anwesen steht auf Grund seines Bankrotts kurz vor der Versteigerung und seine jüngste Tochter mit dem bezeichnenden Namen "Sérieuse" macht ihm Kummer. Sie schleicht eines Nachts heimlich vom Anwesen, um im Wald zu übernachten und dort Angst, Einsamkeit und Kälte zu spüren. Neville hat Glück im Unglück, denn eine Wahrsagerin liest das unterkühlte Kind auf und gewährt ihm Unterschlupf. Als der Graf sie am nächsten Tag abholen kommt, wird ihm weisgesagt, dass er auf seinem nächsten Gartenfest einen Gast ermorden wird. Die pubertierende Tochter versucht nun den Grafen zu überzeugen, er solle doch sie töten und ihrem Leiden damit ein Ende bereiten. Dieses moderne Märchen basiert hauptsächlich auf starken Dialogen. Auf behutsame Art und Weise versucht Nothomb, ein vorgegeben geglaubtes Konstrukt, das sich einerseits aus Historie bzw. Psychologie, andererseits aus der griechischen Mythologie heraus konzipiert, mit überraschenden Wendungen aufzulösen. Mit ihrer melodischen Sprache gelingen ihr trotz der trist erscheinenden Thematik komische Momente, die sich bei der Lektüre wie eine Art Liebkosung artikulieren. Wären ihre Buchstaben Noten, würde man bei diesem Roman wohl von einer kleinen Sinfonie sprechen.
Personen: Nothomb, Amélie Große, Brigitte
DR Not
Nothomb, Amélie:
Töte mich : Roman / Amélie Nothomb. Aus dem Franz. von Brigitte Große. - Zürich : Diogenes-Verl., 2017. - 110 S.
ISBN 978-3-257-06989-1 fest geb. : ca. EUR 20,60
DR - Dichtung/Belletristi