Nicht Brot, sondern Bier stand am Anfang der neolithischen Revolution! (GK) Der gängigen Lehrmeinung zufolge wurde gegen Ende der letzten Eiszeit das Wild knapp und um nicht zu verhungern, musste der Mensch eine neue Nahrungsquelle suchen. Diese fand er im Getreide und die zahlreich aufgefundenen Tontöpfe dienten der Lagerung der Getreidesamen. Schön, aber falsch, meint Reichholf. Abgesehen davon, dass auch am Ende der letzten Eiszeit ausreichend Wild zur Verfügung stand, also überhaupt keine Veranlassung bestand, zum viel mühsameren Ackerbau überzugehen, wären von jenem noch nicht hochgezüchteten Getreide für eine halbwegs angemessene Kalorienversorgung drei Kilogramm pro Tag und Person nötig gewesen, also etwa fünf Tonnen pro Familie und Jahr. Für solche Mengen dürften die steinzeitlichen Äckerchen, wie man sie im Freilichtmuseum betrachten kann, wohl kaum ausgereicht haben. Wozu also brauchte der satte Eiszeitmensch die dünnen Grassamen und die Tontöpfe? Schlicht und ergreifend zum Bierbrauen, meint Reichholf. Beweisen lässt sich die Theorie vom Bier als Triebfeder der Getreidekultur zwar nicht, Indizien gibt es aber. Ein dem Evolutionsdruck ausgesetzter halbverhungerter Eiszeitmensch kann nämlich kein Kulturrevolutionär sein. Nur wer auch einmal Zeit hat, vor der Hütte in der Sonne zu sitzen, wird ein Zicklein zähmen oder sich Gedanken über Gott und die Welt machen. Da das Buch nicht nur originell ist, sondern zudem leicht leserlich geschrieben ist, sollte man sich die Muße nehmen, es zu lesen. *bn* Simone Klein
Personen: Reichholf, Josef H.
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Reichholf, Josef H.:
Warum die Menschen sesshaft wurden : das größte Rätsel unserer Geschichte / Josef H. Reichholf. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2008. - 315 S. : Ill., graph. Darst.
ISBN 978-3-10-062943-2 fest geb. : ca. Eur 20,50
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