Milchwald
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Zwei streitende Kinder im Auto können einem den letzten Nerv rauben. Lea und Konstantin heißen die beiden Geschwister, die von Stiefmutter Sylvia mit dem Auto auf ihrem Schulweg aufgepickt werden. Als Kabbelei und Genervtheit zunehmen, wirft Sylvia die Kinder kurzerhand aus dem Auto und fährt davon.

Die Kinder bleiben auf sich gestellt in Polen zurück, wo die Mutter eigentlich einkaufen wollte. Für Bruder und Schwester beginnt eine Odyssee durch eine fremde Welt. Ihr Ziel: Das Zuhause und der sie liebende Vater, der in Deutschland alle Hebel in Bewegung setzt, um die vermeintlich entführten Kinder wiederzufinden. Vom Aussetzen der Kinder und den vorangegangenen Streitigkeiten erzählt Sylvia nichts – aus Angst um die Beziehung und vor den berechtigten Vorwürfe.

Eine böse Stiefmutter und zwei in der Wildnis ausgesetzte Kinder, die ihren Weg nach Hause zum Vater suchen: Das klingt nach Hänsel und Gretel. Doch so einfach macht es sich Christoph Hochhäusler („Falscher Bekenner“) in seinem Kinofilmdebüt nicht. Die Stiefmutter ist nicht einfach nur böse und die Kinder sind nicht einfach nur unschuldig. Vor allem die unerklärliche Kälte und die Anflüge von Grausamkeit, die das kleine Mädchen Lea an den Tag legt, bleiben ohne Erklärung. „Milchwald“ entpuppt sich als beklemmende Familientragödie im Gewand eines düsteren Märchens in der Region um die deutsch-polnische Grenze.

Hochhäusler hat sein Road-Movie im Nachbarland dabei in streng komponierte Einstellungen und statische Kamerabilder gekleidet, die Beklemmung, statt Reise- und Aufbruchsstimmung verbreiten. Dadurch entsteht ein paradoxer Effekt: Obwohl sich die Landschaft in der Weite öffnet, vermittelt sich der Eindruck der Enge und Ausweglosigkeit.

„Gleichberechtigt neben den Abenteuern der Kinder steht die Leidensgeschichte der Stiefmutter, einer fragilen Frau, die mit der Zurückweisung, die sie vor allem durch Lea erfährt, ebenso wenig umgehen kann wie mit der unterkühlten Atmosphäre, die in dem properen Fertighaus herrscht, das der Vater für seine Familie errichtet hat. Man merkt an fahrigen kleinen Gesten ihre Hilflosigkeit, wenn sie zwischen sterilen Wänden auf ihren Mann wartet, unruhig wie ein Tier im Käfig. Als er nach Hause kommt, wird nichts besser: Sie ringt um seine Liebe, kann aber nicht über das sprechen, was geschehen ist. Und verstummt zusehends. [...]

Der Film, das machen die Bilder von Beginn an deutlich, ist vor allem eine Studie über die Einsamkeit. Mitunter erinnert „Milchwald“ an Arbeiten Ingmar Bergmans: wie die Figuren meist nicht in Paaren oder Gruppen, sondern in nahen Einstellungen, isoliert im Bildkader, präsentiert werden, wie sie an den Rand gedrängt werden, verloren unter einem weiten Himmel, in einem tiefen Raum, auf einer leeren Straße, wie Distanzen zwischen ihnen aufgerissen werden. Die visuelle Umsetzung des Films ist erstaunlich konsequent, fast gnadenlos in der Darstellung der Welt als emotionales Eishaus. […] Hochhäusler erklärt die Kälte, an der seine Figuren leiden, nicht. Er zeigt sie nur, ohne Kompromiss.“ (Felicitas Kleiner, auf: filmdienst.de)


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Schlagwörter: Drama Filme & Serien

Milchwald
Kamera: Ali Olcay Gözkaya; Produktion: Clarens Grollmann, Mario Stefan; Schauspieler: Judith Engel, Mirosław Baka, Horst-Günter Marx, Sophie Charlotte Conrad, Karl-Fred Müller, Leo Bruckmann; Montage: Gisela Zick; Musik: Benedikt Schiefer; Regie: Christoph Hochhäusler
Deutschland/Polen 2003; FSK 12; Sprachfassung: Deutsch; 1 Online-Ressource (88 min); Bild: 4:3 SD

Zugangsnummer: 8C96D2B25846
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