Charlène, eine Frau Anfang 60, lebt allein und telefoniert häufig mit ihrer Tochter. Mal erzählt sie bitter, mal witzig, vorwurfsvoll oder unlogisch. Sie ruft an - und die Tochter hört zu. (DR) Wir alle kennen es vielleicht, eine Mutter wird man nie los. Im Guten wie im Bösen. Diese Mutter, Charlène, lebt allein und ruft ihre Tochter zu den unmöglichsten Zeiten an, ihre Monologe (die Antworten und Fragen ihrer Tochter muss man sich selber ergänzen) sind immer wieder überraschend. In vielen Tonlagen, von weinerlich bis ungewollt witzig, finden diese Gespräche statt. Eines aber ist gewiss: Charlène raucht wie ein Schlot dabei und auch sonst den ganzen Tag. Auch eine schwere Krankheit stoppt ihre Anrufe nicht. Sie schwadroniert über ihre Kinder, ihre Exmänner, die intensive Suche nach einem neuen Mann, den sie meist postwendend wieder wegschickt, ihre Freundin, mit der sie x-mal bricht, die schwankende Liebe zu ihren Enkeln, die sie mal fürchterlich nervig, mal als Sonnenschein empfindet - alles wird ausgebreitet. Charlènes Universum ist klar überschaubar, ihr Egoismus und ihre Unsicherheit sind unübertroffen und dennoch charmant. Mit diesem Roman begibt man sich in eine Art inneren Monolog hinein, der in die Psyche der alleinstehenden liebenden/ungeliebten, kratzbürstig-egomanischen und fesselnden alternden Frau führt. Man muss sie mögen und gleichzeitig verabscheuen. Kalt lässt sie einen nicht. Für mittlere Bestände sicherlich ein Gewinn!
Fives, Carole: ¬Eine¬ Frau am Telefon : Roman / Carole Fives. Aus dem Franz. von Anne Braun. - Wien : Deuticke, 2018. - 126 S. ISBN 978-3-552-06362-4 fest geb. : ca. € 16,50
Zugangsnummer: 2020/0184
Schöne Literatur -
Signatur: Fives -
Buch