Menschlein, du gehst einen schweren Gang. (TD.D) Weniger bekannt als seine großen Romane, handeln auch Falladas ab 1920 zum Zeitvertreib verfasste Geschichten vom Schicksal kleiner Leute im deutschen Norden. Fünf von acht Erzählungen des vorliegenden Hörbuchs führen mal ernst, mal humorvoll vor, auf welch vielfältige Weise Menschen zu Opfern ihres Geschicks werden, angefangen beim arbeitslosen ehemaligen Abteilungsleiter eines Kaufhauses, der trotz inflationär steigendem Obolus an einen wahrsagenden Bettler keine Anstellung mehr bekommt, über den pommerschen Verwalter, der die seine verliert, weil sich Gutsherr und Schwiegermutter zanken, bis hin zur jungen Bäuerin, die von ihrem Mann aus stumpfer Eifersucht ermordet wird, weil sie ihren Ehering bei der Kartoffelernte verloren hat. Glücksmomente vermitteln dagegen zwei Loblieder auf die Liebe, "Der Heimkehrer" und "Länge der Leidenschaft", und die rührende Miniatur "Mutter lebt von ihrer Rente". Anna Thalbachs Vortrag - sie interpretiert nur die beiden zuletzt genannten Titel -, ist zweifellos leidenschaftlich, irritiert aber doch durch ihren Hang zu "zerhackender" Phrasierung: "Nie | hatte sie daran gedacht | dass er bei diesem Besuche | nicht | allein | sein könnte". Restlos überzeugend fällt dagegen die Lesung der übrigen sechs Geschichten durch Ulrich Noethen aus, nicht zuletzt aufgrund eines bewundernswert diskreten Umgangs mit dialektalen Färbungen Preußens. Schade nur, dass dem Hörbuch kein ordentliches Booklet beiliegt; so erfährt man weder, dass ihm ein gleichnamiger Sammelband des Insel-Verlags (2012) mit immerhin 33 Erzählungen zugrunde liegt, noch, was die Auswahl für die beiden CDs bestimmt hat, ganz zu schweigen von der Präsenz zahlreicher autobiographischer Elemente im verstreuten opus minus eines Schriftstellers, der eigentlich Rudolf Ditzen hieß.

---

Personen: Fallada, Hans